Die Konfliktfelder beim Unternehmensverkauf sind vielfältig und erfordern in vielen Fällen die Einbeziehung eines Mediators. Die teilweise sehr komplexen Sachverhalte einer Unternehmenstransaktion stellen hohe fachliche und persönliche Anforderungen an einen Mediator. Die Arbeit des Mediators kann weitreichende Auswirkungen auf die vor- und nachgelagerten M&A Schritte haben.
Ob eine Mediation oder mehrere Mediationen während des Transaktionsprozesses erfolgreich waren, entscheidet sich oftmals erst in der nachgelagerten Post Merger Integration (PMI) Phase. In dieser Phase findet die eigentliche Integration, bzw. Übernahme des Transaktionsobjektes statt.
In der Praxis hat es sich bewährt, mögliche Konfliktfelder beim Unternehmensverkauf oder Unternehmenskauf im Vorfeld zu analysieren.
Ausgangslage eines Unternehmensverkaufs
Kerninstrumente für M&A Prozesse und Subprozesse sind Vertragswerke und Vereinbarungen zwischen den beteiligten Parteien. Vereinbarungen sind in diesem Kontext der NDA (Non Disclosure Agreement) und der Letter of Intent (LOI).
Für den Fall, dass die Verkäufer weiterhin als Geschäftsführer des veräußerten Objektes tätig sind sind neben dem Kaufvertrag auch neue Geschäftsführerverträge notwendig. Üblich sind in diesem Zusammenhang oft auch auf den Integrationszeitraum befristete Beraterverträge für die Verkäufer.
Prozessdokumente sind in M&A Prozessen regelmäßig das Information Memorandum bzw. das Unternehmensexposé, der Teaser zur Ansprache von Interessenten, die Unternehmenswertermittlung und alle in einer Due Diligence verlangten Unternehmensdokumente. Da eine Due Diligence sehr komplex sein kann, gehen wir hier nur beispielhaft auf die Analyseobjekte einer DD ein. Die Betrachtung beschränkt sich hier auf die Wirtschaftsdaten, Gesellschafterdarlehen und betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA), sowie die Jahresabschlüsse.
Dies vorausgeschickt ergeben sich die im folgenden Konfliktfelder beim Unternehmensverkauf.
1. Konfliktfeld NDA
Der NDA ist üblicherweise das erste Dokument, welches Verkäufer und Kaufinteressent(en) miteinander austauschen. Der NDA stellt die Wahrung der Vertraulichkeit der im weiteren Prozess auszutauschenden Informationen sicher.
Ein Unternehmensverkauf stellt in dieser frühen Prozessphase ein hohes Risiko für den Verkäufer dar: Ein Verkäufer legt, ohne dass es zwingend zu einem Kaufvertrag kommt viele sensible Informationen über sein Unternehmen offen. Aus diesem Grund hat der Verkäufer ein natürliches Interesse an absoluter Geheimhaltung und Einschränkung des Empfängerkreises der auszutauschenden Informationen.
Ein Käufer auf der anderen Seite muss sich regelmäßig mit Beratern wie Steuerberater, Wirtschaftsprüfern, Rechtsanwälten oder der eigenen, bzw. der externen M&A Abteilung austauschen. Dies widerspricht den Interessen des Verkäufers und bietet Konfliktpotential.
Hinzu kommen zwei weitere Thematiken, welche einen Konflikt auslösen können. Zum einen beinhaltet ein NDA oftmals eine monetäre Vertragsstrafe und zum anderen wird in einem NDA vorgeschrieben, dass die erhaltenen Informationen nach Verhandlungsabbruch endgültig vernichtet oder an den Käufer zurückgegeben werden müssen.
Die endgültige Vernichtung von Informationen erweist sich regelmäßig als komplex, da die Kaufinteressenten die meisten Daten in elektronischer Form erhalten. Hier greifen oftmals Backup- und Archivierungssysteme des Kaufinteressenten bereits in einer frühen Datenverarbeitungsphase. Aus diesem Grund kann eine endgültige Vernichtung der übermittelten Daten systembedingt nicht zugesagt werden kann. Dies hat den Hintergrund, dass die Vernichtung häufig nicht fein granular genug erfolgen kann und eventuell auch kontextfremde Daten vernichtet würden.
2. Konfliktfeld LOI
Kristallisiert sich ein echtes Kaufinteresse, wird eine Absichtserklärung von den Parteien verhandelt. Die wesentliche Funktion eines Letter of Intent besteht darin, die Zeit zwischen einer bestimmten Verhandlungssituation und dem Abschluss des endgültigen Vertragswerkes zu überbrücken. Somit ergibt sich aus einem LoI Planungssicherheit für beide Parteien.
Der LOI wird von den Parteien regelmäßig als vorläufiges Parameterblatt für einen Unternehmenskauf gesehen. Die dort verhandelte Parameter werden in einem späteren Kaufvertrag einfließen oder weiter verhandelt.
Bei dieser Vereinbarung, welche durchaus rechtlich verbindliche Elemente beinhalten kann, hat der Verkäufer ein Interesse an möglichst detaillierten und fixierten Parametern, um seinen Verkauf erfolgreich zu realisieren. Der Käufer hingegen wahrt mit dem LOI die Offenheit für weitere Optionen und stimmt regelmäßig nicht Parametern zu, welche beispielsweise mit Zahlen hinterlegt werden. Dies ist insbesondere bei einer Festlegung des Kaufpreises im LOI der Fall.
3. Konfliktfeld Verkäuferbindung
Unter Verkäuferbindung versteht man die zeitliche Bindung des Verkäufers an das veräußerte Unternehmen zur erfolgreichen Integration und Migration in die neue Organisationsstruktur
Der Käufer steht nach Vollzug des Kaufvertrages vor der Herausforderung, das er etablierte Strukturen und Geschäftsbeziehungen übernehmen und überführen muss. Da viele Geschäftsbeziehungen, bei klein- und mittelständigen Unternehmen (KMU) auf einer persönlichen Basis zum Verkäufer basieren, ist die Einbeziehung des Verkäufers in vielen Fällen zwingend notwendig. Nur damit lassen sich die Kunden- und Lieferantenbeziehungen sowie die Unternehmensstruktur erfolgreich in die Organisation des Käufers integrieren. Dies kann intern einen neuen Geschäftsführervertrag für den Verkäufer oder extern durch den Abschluß eines Beratervertrages umgesetzt werden. In diesem Kontext entstehen Konflikte immer dann, wenn die Parameter für die Beratung und Übergabe streitig sind oder wenn der Verkäufer kein Interesse an einer Zusammenarbeit mit dem Käufer nach dem Closing hat.
4. Konfliktfeld Unternehmensexposé und Unternehmenswert
In den vorbereitenden Phasen des M&A Prozesses wird der Unternehmenswert nach einem marktüblichen Verfahren, wie zum Beispiel dem IDW-S1-Verfahren bestimmt. Dieser Wert fließt in das Exposé des zu verkaufenden Objektes ein. Der Wert und weitere Unternehmenskennzahlen werden im Exposé einem potentiellen Käufer plausibel erläutert.
Ein Konflikt kann immer dann entstehen, wenn der Käufer das angewandte Verfahren zur Unternehmenswertermittlung nicht für anwendbar hält oder wenn ein Berechnungsfaktor strittig ist, da dieser eine direkte Auswirkung auf den Unternehmenswert hat. Hinzu kommen weitere weiche Faktoren aus dem Exposé, die zumindest Diskussionsbedarf provozieren. Dazu gehören oftmals die Darstellung der Marktanalyse und der zukünftigen zu erwarteten Gewinne, sowie die Wachstumsfähigkeit des Unternehmens.
5. Konfliktfeld Wirtschaftsdaten
Die harten Fakten des Unternehmens bilden grundsätzlich erst dann ein Konfliktfeld, wenn deren Herkunft nicht schlüssig oder nicht stimmig errechnet wurde. Hier sind insbesondere die BWA, die Summen- und Saldenliste (SuSa) und die Jahresabschlüsse zu nennen.
Gerade die BWA stellt ein großes Konfliktfeld dar, da hier das laufende Wirtschaftsjahr betrachtet wird und die Zahlen vom endgültig festgestellten Jahresabschluss abweichen können.
Des Weiteren ist in diesem Kontext die Aufführung von Gesellschafterdarlehen zu erwähnen, deren Auswirkungen auch rückwirkend, zum Beispiel im Rahmen einer Betriebsprüfung durch die Finanzbehörden Auswirkungen auf den Unternehmensnachfolger haben können. Der Konflikt dreht sich in diesem Fall oftmals um die Rückzahlungsmodalitäten durch den Altgesellschafter oder den Abzug der Summe vom Kaufpreis.
Im nächsten Beitrag analysieren wir die möglichen Rollen und Einsatzmöglichkeiten eines Mediators bei Unternehmenstransaktionen.
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