Beitragsbild zum Thema Ertragswertverfahren

Ertrags­wert­ver­fah­ren bei der Unternehmensbewertung

Das Ertrags­wert­ver­fah­ren ist die wichtigs­te Metho­de zur Unter­neh­mens­be­wer­tung, wenn Sie Ihr Lebens­werk verkau­fen oder an die nächs­te Genera­ti­on überge­ben möchten. Anders als reine Substanz­be­wer­tun­gen betrach­tet diese Ertrags­wert­me­tho­de die zukünf­ti­gen Gewin­ne Ihres Unter­neh­mens und berück­sich­tigt dabei auch den wert der betrieb­li­chen Immobilien.

Die richti­ge Anwen­dung des Ertrags­wert­ver­fah­rens entschei­det maßgeb­lich über den erziel­ba­ren Verkaufs­preis. Als Exper­ten für M&A-Beratung mit Erfolgs­ga­ran­tie haben wir bereits über 2.000 Nachfol­ge­man­da­te erfolg­reich beglei­tet und greifen dabei auf 500.000+ geprüf­te Kaufin­ter­es­sen­ten in unserer eigenen Daten­bank zurück. So stellen wir sicher, dass Ihr Unter­neh­men den fairen Verkehrs­wert erzielt.

In diesem Artikel erfah­ren Sie, wie das Ertrags­wert­ver­fah­ren funktio­niert und welche Fakto­ren die Ermitt­lung Ihres Unter­neh­mens­wer­tes beeinflussen.

Das Wichtigs­te auf den Punkt

  • Ertrags­wert­ver­fah­ren bewer­tet Unter­neh­men anhand zukünf­ti­ger Gewin­ne, nicht nur Substanz
  • Formel: Künfti­ger Ertrags­über­schuss × 100 / Kapita­li­sie­rungs­zins = Ertragswert
  • Immobi­li­en-Test: Betriebs­not­wen­dig (in Cashflow) vs. nicht-betriebs­not­wen­dig (separat addieren)
  • Ideal für profi­ta­ble Unter­neh­men mit stabi­len, vorher­sag­ba­ren Cashflows
  • Progno­se­un­si­cher­heit ist größter Nachteil - kleine Änderun­gen, große Wertunterschiede
  • Emotio­na­le Überbe­wer­tung und versteck­te Assets sind häufigs­te Stolperfallen

Was ist das Ertrags­wert­ver­fah­ren bei Unternehmen?

Bei der Unternehmens­nachfolge stellt sich für jeden Unter­neh­mer die zentra­le Frage: Was ist mein Lebens­werk wirklich wert?

Das Ertrags­wert­ver­fah­ren ist eine bewähr­te Metho­de zur Unter­neh­mens­be­wer­tung, die den wert Ihres Betriebs anhand der zukünf­tig erziel­ba­ren Überschüs­se ermit­telt. Im Gegen­satz zur reinen Substanz­be­wer­tung berück­sich­tigt diese ertrags­wert­me­tho­de nicht nur vorhan­de­ne Vermö­gens­wer­te, sondern vor allem die Ertrags­kraft Ihres Unternehmens.

Einfach erklärt: Das Verfah­ren berech­net, welche Gewin­ne Ihr Unter­neh­men in den kommen­den Jahren erwirt­schaf­ten wird und rechnet diese auf den Barwert um - also den Wert, den diese zukünf­ti­gen Gewin­ne heute haben. Diese Umrech­nung ist notwen­dig, da ein Euro heute mehr wert ist als ein Euro in fünf Jahren - durch Infla­ti­on und alter­na­ti­ve Anlage­mög­lich­kei­ten. Beson­ders wichtig wird diese Betrach­tungs­wei­se bei der Nachfol­ge­pla­nung, da poten­zi­el­le Käufer oder Nachfol­ger primär an der Renta­bi­li­tät inter­es­siert sind.

Recht­lich basiert das Verfah­ren auf anerkann­ten Standards wie dem IDW S1 des Insti­tuts der Wirtschafts­prü­fer. Diese Grund­la­gen sorgen für eine objek­ti­ve und gerichts­fes­te bewer­tung, die auch bei Erbschafts­steu­er oder Schen­kungs­steu­er Bestand hat.

Teaser für den Unternehmenswert Rechner von KERN

Schritt-für-Schritt: So funktio­niert die Ertragswertberechnung

Die ertrags­wert­ver­fah­ren berech­nung erfolgt in mehre­ren logischen schrit­ten, die auch für Nicht-BWLer nachvoll­zieh­bar sind.

Schritt 1: Finanz­pla­nung der nächs­ten Jahre

Zunächst erstel­len Sie eine detail­lier­te Gewinn- und Verlust­pro­gno­se für die kommen­den drei bis fünf Jahre. Dabei fließen realis­ti­sche Annah­men zu Umsatz­ent­wick­lung, Kosten und Inves­ti­tio­nen ein. Diese Progno­se bildet die basis für alle weite­ren Berechnungen.

Schritt 2: Berech­nung der freien Cashflows

Aus den prognos­ti­zier­ten Gewin­nen werden die freien Cashflows ermit­telt. Das sind die Geldströ­me, die nach allen notwen­di­gen Inves­ti­tio­nen und Steuern tatsäch­lich zur Verfü­gung stehen.

Die Formel für den Free Cash Flow lautet:

FCF = Netto Cashflow – Investitionen + ggf. Desinvestitionen

Schritt 3: Diskon­tie­rung auf den Barwert

Diese zukünf­ti­gen Cashflows werden mit einem Kapita­li­sie­rungs­zins­satz auf heute abgezinst. Bei konstan­ten Erträ­gen kann die verein­fach­te Ertrags­wert­ver­fah­ren Formel angewen­det werden:

Abbildung der Formel zum Ertragswertverfahren

Der Zinssatz wird angewen­det, da Inves­to­ren eine Rendi­te für ihr einge­setz­tes Kapital erwar­ten und das Unter­neh­mens­ri­si­ko entspre­chend entlohnt werden muss.

Schritt 4: Sonder­rol­le Immobi­li­en im Unternehmenswert

Beson­ders wichtig ist die richti­ge Behand­lung von Unter­neh­mens­im­mo­bi­li­en. Betriebs­not­wen­di­ge Immobi­li­en fließen über die Nutzungs­kos­ten in die Cashflow-Rechnung ein. Nicht-betriebs­not­wen­di­ge Objek­te werden separat bewer­tet und zum Ertrags­wert addiert - hier kommt oft das klassi­sche Ertrags­wert­ver­fah­ren für Immobi­li­en zum Einsatz. Der Unter­schied liegt darin, dass bei Immobi­li­en die Mietren­di­te anstatt der Unter­neh­mens­ren­di­te als Bewer­tungs­grund­la­ge dient.

Ertrags­wert­ver­fah­ren Beispiel

Ein mittel­stän­di­sches Produk­ti­ons­un­ter­neh­men erwirt­schaf­tet dauer­haft 300.000 Euro freien Cashflow jährlich. Bei einem branchen­üb­li­chen Kapita­li­sie­rungs­zins von 8 Prozent ergibt sich:

Opera­ti­ver Unter­neh­mens­wert: 300.000 × 100 / 8 = 3.750.000 Euro

Zusätz­lich besitzt das Unter­neh­men eine nicht-betriebs­not­wen­di­ge Immobi­lie (vermie­te­tes Büroge­bäu­de) im Wert von 500.000 Euro.

Gesam­ter Ertrags­wert: 3.750.000 + 500.000 = 4.250.000 Euro

Fordern Sie eine kostenlose Beratung zum Thema Firmenübernahme an
Kern Standorte in Europa

Immobi­li­en richtig bewer­ten: der Betriebsnotwendigkeits-Test

Bei der Unter­neh­mens­be­wer­tung spielen Immobi­li­en oft eine entschei­den­de Rolle - werden aber häufig falsch einge­schätzt. Der Schlüs­sel liegt in der korrek­ten Katego­ri­sie­rung durch den Betriebsnotwendigkeits-Test.

Infografik zum Betriebsnotwendigkeits-Test für Immobilien

Der Test: 3 entschei­den­de Fragen

  1. Wird die Immobi­lie für den Geschäfts­be­trieb benötigt? (Produk­ti­on, Lager, Verwaltung)
  2. Ist sie räumlich und funktio­nal mit dem Betrieb verbunden?
  3. Würde der Geschäfts­be­trieb ohne diese Immobi­lie beeinträchtigt?

Antwor­ten Sie bei allen drei Fragen mit “Ja”, handelt es sich um betriebs­not­wen­di­ge Immobi­li­en. Diese fließen über die kalku­la­to­ri­schen Nutzungs­kos­ten in die norma­le Ertrags­wert­be­rech­nung ein. Der Wert wird also bereits über die laufen­den Cashflows erfasst.

Nicht-betriebs­not­wen­di­ge Immobi­li­en (mindes­tens eine Frage mit “Nein” beant­wor­tet) werden separat bewer­tet und zum Unter­neh­mens­wert addiert. Das können vermie­te­te Gebäu­de­tei­le, brach­lie­gen­de Grund­stü­cke oder Ferien­im­mo­bi­li­en sein. Hier kommt das klassi­sche Ertrags­wert­ver­fah­ren für Immobi­li­en zur Anwendung.

Bei Eigen­nut­zung vs. Vermie­tung macht die Bewer­tungs­me­tho­de einen erheb­li­chen Unter­schied. Diese Unter­schei­dung kann den Verkaufs­preis um mehre­re hundert­tau­send Euro beeinflussen.

Banner für Webinar Unternehmensverkauf

Vortei­le und Nachtei­le des Ertrags­wert­ver­fah­rens im Überblick

Wie jede Bewer­tung hat auch das Ertrags­wert­ver­fah­ren spezi­fi­sche Stärken und Schwä­chen, die Sie als Unter­neh­mer kennen sollten.

Die wichtigs­ten Vortei­le

Das Ertrags­wert­ver­fah­ren ist zukunfts­ori­en­tiert und spiegelt die Sicht­wei­se von Inves­to­ren und Käufern wider. Es berück­sich­tigt die tatsäch­li­che Ertrags­kraft Ihres Unter­neh­mens anstatt nur die vorhan­de­ne Substanz. Beson­ders bei wachs­tums­star­ken Unter­neh­men führt diese Metho­de oft zu höheren Bewer­tun­gen als reine Substanz­ver­fah­ren. Zudem ist das Verfah­ren recht­lich anerkannt und wird von Banken, Gerich­ten und Finanz­äm­tern akzeptiert.

Die wesent­li­chen Nachtei­le

Der größte Nachteil liegt in der Progno­se­un­si­cher­heit: Niemand kann die Zukunft exakt vorher­sa­gen. Kleine Änderun­gen in den Annah­men können zu erheb­li­chen Wertun­ter­schie­den führen. Außer­dem erfor­dert das Verfah­ren detail­lier­te Finanz­pla­nun­gen und fundier­te Markt­kennt­nis­se. Bei stark schwan­ken­den Erträ­gen oder in Krisen­zei­ten kann die Ermitt­lung unzuver­läs­sig werden.

Wann beson­ders zuver­läs­sig?

Das Ertrags­wert­ver­fah­ren liefert die besten Ergeb­nis­se bei Unter­neh­men mit stabi­len, vorher­sag­ba­ren Cashflows und in etablier­ten Märkten mit ausrei­chend Vergleichsdaten.

Abgren­zung zu anderen Bewertungsverfahren

Bei der Unternehmens­nachfolge stehen Ihnen verschie­de­ne Bewer­tungs­ver­fah­ren zur Verfü­gung. Die richti­ge Wahl entschei­det über eine realis­ti­sche Wertermitt­lung.

Substanz­wert­ver­fah­ren vs. Ertragswertverfahren

Das Substanz­wert­ver­fah­ren betrach­tet nur den materi­el­len Wert Ihres Unter­neh­mens - Maschi­nen, Immobi­li­en, Lager­be­stän­de abzüg­lich Schul­den. Das Ertrags­wert­ver­fah­ren hinge­gen bewer­tet die Zukunfts­fä­hig­keit und Ertrags­kraft. Während eine alte Produk­ti­ons­an­la­ge substan­zi­ell wenig Wert hat, kann sie über Jahre hinweg hohe Gewin­ne erwirt­schaf­ten. Für profi­ta­ble Unter­neh­men führt das Ertrags­wert­ver­fah­ren daher meist zu deutlich höheren Bewertungen.

Multi­pli­ka­tor­ver­fah­ren vs. Ertragswertverfahren

Das Multi­pli­ka­tor­ver­fah­ren nutzt Markt­ver­glei­che: Umsatz oder Gewinn werden mit branchen­üb­li­chen Fakto­ren multi­pli­ziert. Dieses Verfah­ren ist schnel­ler, aber weniger indivi­du­ell. Das Ertrags­wert­ver­fah­ren berück­sich­tigt hinge­gen die spezi­fi­schen Beson­der­hei­ten Ihres Unter­neh­mens und liefert maßge­schnei­der­te Ergeb­nis­se.

Wann welche Metho­de wählen?

Ertrags­ori­en­tier­te Unter­neh­men: Ertrags­wert­ver­fah­ren. Substanz­las­ti­ge Betrie­be (Immobi­li­en, Rohstof­fe): Substanz­wert­ver­fah­ren. Standar­di­sier­te Branchen mit vielen Vergleichs­da­ten: Multi­pli­ka­tor­ver­fah­ren. In der Praxis werden oft mehre­re Verfah­ren kombi­niert, um das Ergeb­nis zu validieren.

Typische Stolper­fal­len und wie Sie sie vermeiden

Bei der prakti­schen Anwen­dung des Ertrags­wert­ver­fah­rens lauern einige Fallstri­cke, die den Unter­neh­mens­wert erheb­lich verzer­ren können.

Überbe­wer­tung durch emotio­na­le Bindung

Viele Unter­neh­mer überschät­zen den Wert ihres Lebens­werks, weil sie emotio­na­le Aspek­te in die Bewer­tung einflie­ßen lassen. Die jahrzehn­te­lan­ge Aufbau­ar­beit und persön­li­che Opfer sind zwar wertvoll, fließen aber nicht in objek­ti­ve Bewer­tungs­ver­fah­ren ein. Poten­zi­el­le Käufer inter­es­sie­ren sich ausschließ­lich für zukünf­ti­ge Erträ­ge, nicht für vergan­ge­ne Leistungen.

Unter­be­wer­tung versteck­ter Assets

Häufig werden stille Reser­ven überse­hen: nicht-betriebs­not­wen­di­ge Immobi­li­en, unter­be­wer­te­te Grund­stü­cke oder wertvol­le Marken­rech­te. Diese Fakto­ren können den Gesamt­wert erheb­lich steigern. Beson­ders bei Famili­en­un­ter­neh­men mit langer Geschich­te finden sich oft unent­deck­te Wertpotenziale.

Immobi­li­en-Bewer­tungs­feh­ler

Die falsche Katego­ri­sie­rung von Immobi­li­en als betriebs­not­wen­dig oder nicht-betriebs­not­wen­dig führt zu syste­ma­ti­schen Fehlern. Ein vermie­te­tes Oberge­schoss wird fälsch­li­cher­wei­se als betriebs­not­wen­dig einge­stuft, obwohl es separat vermark­tet werden könnte. Umgekehrt werden Produk­ti­ons­flä­chen manch­mal als nicht-betriebs­not­wen­dig behan­delt, obwohl sie für den Geschäfts­be­trieb unver­zicht­bar sind.

Häufig gestell­te Fragen

Was ist der Ertrags­wert eines Unter­neh­mens? Der Ertrags­wert ist der Wert eines Unter­neh­mens, der sich aus den zukünf­tig nachhal­tig erziel­ba­ren Gewin­nen ablei­tet, kapita­li­siert mit einem risiko­ad­äqua­ten Zinssatz.

Wie berech­net man den Ertrags­wert eines Unter­neh­mens? Man diskon­tiert die prognos­ti­zier­ten freien Cashflows auf den heuti­gen Barwert. Bei konstan­ten Erträ­gen gilt: Ertrags­wert = künfti­ger Ertrags­über­schuss × 100 / Kapitalisierungszins.

Für welche Unter­neh­men eignet sich das Ertrags­wert­ver­fah­ren? Es eignet sich beson­ders für profi­ta­ble Unter­neh­men mit stabi­len, vorher­sag­ba­ren Cashflows. Ideal bei Dienst­leis­tern, etablier­ten Produk­ti­ons­be­trie­ben oder wachs­tums­star­ken Firmen.

Was ist der Unter­schied zwischen Ertrags­wert­ver­fah­ren und Substanz­wert­ver­fah­ren? Das Ertrags­wert­ver­fah­ren bewer­tet die zukünf­ti­gen Erträ­ge, das Substanz­wert­ver­fah­ren die vorhan­de­nen Vermö­gens­wer­te bzw. den materi­el­len Wert eines Unternehmens.

Welche Rolle spielt der Kapita­li­sie­rungs­zins­satz beim Ertrags­wert­ver­fah­ren? Der Kapita­li­sie­rungs­zins­satz spiegelt das Unter­neh­mens­ri­si­ko und die Markt­ren­di­te­er­war­tung wider. Er dient zur Diskon­tie­rung der zukünf­ti­gen Cashflows auf den heuti­gen Wert.

Wie werden Immobi­li­en im Ertrags­wert­ver­fah­ren behan­delt? Betriebs­not­wen­di­ge Immobi­li­en fließen über kalku­la­to­ri­sche Nutzungs­kos­ten in die Cashflow-Rechnung ein. Nicht-betriebs­not­wen­di­ge Immobi­li­en werden separat bewer­tet und addiert.

Wie beein­flusst die Planungs­pe­ri­ode den Ertrags­wert? Die Planungs­pe­ri­ode bestimmt den Zeitraum der detail­lier­ten Progno­se. Länge­re Perioden erhöhen die Progno­se­un­si­cher­heit, kürze­re können wichti­ge Entwick­lun­gen übersehen.