Kommen­tar: Die Scheu der Junio­ren vorm Familienunternehmen

Der DIHK und die KfW warnten bereits 2014. Jetzt hat auch das renom­mier­te Beratungs­un­ter­neh­men EY (vormals Ernst & Young) in Zusam­men­ar­beit mit der Uni St. Gallen heraus­ge­fun­den, dass Famili­en­un­ter­neh­mer im deutsch­spra­chi­gen Raum ein Nachwuchs­pro­blem haben. Denn die Junio­ren scheu­en sich, als Nachfol­ger im Famili­en­un­ter­neh­men Verant­wor­tung zu übernehmen.

Bereits 2014 fand das Insti­tut für Mittel­stands­for­schung in Bonn heraus, dass nur 13% aller Famili­en­un­ter­neh­men der Übergang in die dritte Genera­ti­on gelingt. Woran liegt dies? Die gerade erschie­ne­ne Studie gibt einige plausi­ble Antwor­ten auf diese Frage.

So erscheint vielen Unter­neh­mer­kin­dern eine Angestell­ten­lauf­bahn mit geregel­ten Arbeits­zei­ten, Einkom­men und Urlaub deutlich attrak­ti­ver als eine 24/7-Unter­neh­mer­kar­rie­re famili­en­ei­ge­nen Unter­neh­men. Oft haben es diese jungen Leute bei ihren Eltern kennen­ge­lernt, dass das Unter­neh­men als kleins­tes Kind immer mit am Tisch sitzt und sehr viel Aufmerk­sam­keit benötigt. Gerade in kleine­ren und mittel­stän­di­schen Betrie­ben will sich der Unter­neh­mer­nach­wuchs dies oft nicht mehr antun. Kinder haben neigungs­be­zo­gen studiert, einen guten Job bei einem Großun­ter­neh­men oder sind gar als Angestell­ter oder Beamter im öffent­li­chen Dienst gelandet.

Was bedeu­tet dies für Familienunternehmen?

Während in frühe­ren Jahren die Nachfol­ge quasi durch die Geburt geregelt war ist die “Eltern & Kinder GmbH” zuneh­mend ein Auslauf­mo­dell.  Vielmehr muss der Famili­en­un­ter­neh­mer von heute mehr denn je für den Fortbe­stand seines Unter­neh­mens in der eigenen Familie tun. Die zu leisten­de Überzeu­gungs­ar­beit in der Familie ist im Wesent­li­chen vergleich­bar mit dem Verhand­lungs­auf­wand einer exter­nen Nachfol­ge­lö­sung. Der Regelungs­auf­wand oft sogar höher.

Darüber hinaus gehört die Frage nach der Zukunfts­fä­hig­keit des Geschäfts­mo­dells und damit der zukünf­ti­gen Ertrags­fä­hig­keit seit jeher zum Fragen­ka­ta­log eines famili­en­frem­den Nachfol­gers. Famili­en­un­ter­neh­mer werden sich aber mehr und mehr daran gewöh­nen müssen, dass ihre eigenen Söhne und Töchter ihnen die gleiche Frage stellen. Schließ­lich geht mit der Übernah­me unter­neh­me­ri­scher Verant­wor­tung auch die Übernah­me vieler Risiken einher. Aus Risiko­sicht schläft ein gutbe­zahl­ter Angestell­ter oder Beamter ruhiger. Gerade vor diesem Hinter­grund muss ein Unter­neh­mer sein Geschäfts­mo­dell bis zum Tag der Überga­be hinter­fra­gen, den aktuel­len Markt­si­tua­tio­nen anpas­sen und vor allem auch in die Zukunft seines Unter­neh­mens investieren.

Emotio­na­le Kompo­nen­te wird oft unterschätzt

Darüber hinaus spielt gerade bei famili­en­in­ter­nen Nachfol­gen die emotio­na­le Kompo­nen­te eine beson­de­re Rolle. Bei einem Generations­wechsel im Famili­en­un­ter­neh­men spricht eben nicht nur der Altei­gen­tü­mer mit seinem Nachfol­ger sondern ein Teil der Eltern­ge­nera­ti­on mit ihren Kindern. Eine offene Kommu­ni­ka­ti­on zwischen den Genera­tio­nen wäre hier wünschens­wert, wird aber bei weitem nicht überall gelebt. Profes­sio­nel­le Wirtschafts­me­dia­to­ren helfen hier, die Kommu­ni­ka­ti­on zielori­en­tiert in Gang zu bringen und zu halten. Dabei erken­nen und lösen sie frühzei­tig Proble­me in der Kommu­ni­ka­ti­on und schüt­zen bzw. erhal­ten den Famili­en­frie­den. Haupt­ziel bei einer Nachfol­ge im Famili­en­un­ter­neh­men sollte die Erhal­tung des Famili­en­sys­tems sein, erst danach folgt die Eigen­tums­si­che­rung des Unter­neh­mens in der Familie als nachge­la­ger­tes Ziel. Schließ­lich wollen sich die Betei­lig­ten auch nach einer erfolg­ten inner­fa­mi­liä­ren Unternehmens­nachfolge bei Famili­en­fei­ern noch in die Augen sehen.

Gute Planung der Nachfol­ge zahlt sich aus

In unserer tägli­chen Praxis erlebe ich es sehr häufig, dass die Nachfol­ge unzurei­chend geplant und vorbe­rei­tet ist. Ich hörte mehr als einmal von Senior­un­ter­neh­mern: “Kommen Sie mit Ihrem Inter­es­sen­ten einmal vorbei, dann zeige ich Ihnen alles und wir schau­en mal auf die Zahlen.” Ein solches Vorge­hen führt in der Regel nicht zum Erfolg. Denn die wenigs­ten Mittel­ständ­ler sind von den Kräften des Marktes befrei­te Monopo­lis­ten in ihrer Branche. Vielmehr müssen sie sich tagtäg­lich den Heraus­for­de­run­gen des Wettbe­werbs stellen. Dies gilt auch für die Organi­sa­ti­on der Nachfolgeregelung.

Ein Unter­neh­mer sollte die Überga­be seines Unter­neh­mens genau­so akribisch vorbe­rei­ten und umset­zen wie die Entwick­lung und Markt­ein­füh­rung eines neuen Produk­tes. Dabei zahlen sich die Kosten einer struk­tu­rier­ten Beglei­tung durch einen trans­ak­ti­ons­er­fah­re­nen Berater in den meisten Fällen um ein Vielfa­ches aus. Denn mit einem gut vorbe­rei­te­ten Generations­wechsel werden viele Fragen der Nachfol­ger bereits im Vorfeld beant­wor­tet. Somit beschleu­nigt sich der Nachfol­ge­pro­zess in der Familie insge­samt bzw. es findet sich im Falle einer famili­en­ex­ter­nen Nachfol­ge schnel­ler ein Inter­es­sent für das Unter­neh­men. Die Praxis zeigt, dass sich eine gute Vorbe­rei­tung oft auch in deutlich höheren Bewer­tun­gen und damit - im Falle einer exter­nen Nachfol­ge - erziel­ba­ren Kaufprei­sen für das Lebens­werk eines Unter­neh­mers auszahlt. Das sollte es ihm wert sein.

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