Die Wahl des optimalen Nachfolgemodells

Die Wahl des optima­len Modells einer Unternehmensnachfolge

Das 2. Forum Unter­neh­mens­trans­ak­ti­on stand am 6. Novem­ber 2018 in München wieder ganz unter dem Zeichen der Unternehmens­nachfolge. Vertre­ter von Banken, Inves­to­ren sowie Überge­ber und Übernah­me­inter­es­sen­ten kamen zahlreich, um die Krite­ri­en für die richti­ge Wahl des optima­len Nachfol­ge­mo­dells zu erfahren.

Eine Geschich­te als reales Szenario

Der Eigen­tü­mer einer Maschi­nen­bau­fir­ma (65) hat zwei Kinder. Er will seine Firma zu gleichen Teilen an diese beiden überge­ben. Gerech­tig­keit ist ihm schließ­lich ein wichti­ger Wert. Rainer – extro­ver­tiert und risiko­be­reit – führt deswe­gen künftig den kaufmän­ni­schen Bereich.  Judith – intro­ver­tiert – wird techni­sche Geschäfts­füh­re­rin. Der Unter­schied im Wesen, Führungs­stil, Risiko­be­reit­schaft und Kommu­ni­ka­ti­on ist eklatant.

Grund­la­gen-Webinar präsen­tiert von Nils Koerber


Unter­neh­mens-verkauf (M&A) ohne Risiko und Wertverlust

Die Frage, was das Unter­neh­men für die Zukunft braucht, wird aller­dings nie gemein­schaft­lich beant­wor­tet. Dennoch fühlen sich die Geschwis­ter der Tradi­ti­on und dem Auftrag des Vaters verpflich­tet. Als beide auf die 60 zugehen, rät der Steuer­be­ra­ter, frühzei­tig ihre Antei­le zu übertra­gen, um hohe Erbschaft­steu­er­zah­lun­gen zu vermei­den. Dadurch entsteht in der zweiten Nachfol­ge­ge­nera­ti­on folgen­des Gesellschafterbild:

2. Generation

Die Söhne von Rainer haben aber andere Ideen von Ihrem künfti­gen Leben. Max ist eher der Musik zugewandt und Niklas will als IT-Exper­te in einem Star-Up arbei­ten. Chris­ti­na, die Tochter von Judith, steigt nach dem Studi­um in die Firma ein. Sie hält nun 40%. Bei wichti­gen Entschei­dun­gen reden nun fünf Gesell­schaf­ter mit sehr unter­schied­li­chem Inter­es­se an der Firma mit. Die Pattsi­tua­ti­on und die unglei­chen Ideen über die Zukunft der Firma machen sich leider im Ergeb­nis bemerk­bar. Erste langjäh­ri­ge Mitar­bei­ter kündi­gen. Dem Unter­neh­men geht es zuneh­mend schlech­ter. Ob der Gründer das gewollt hätte? Wohl eher nicht!!!!

Diese Geschich­te soll zeigen, welch weitrei­chen­de Folgen Entschei­dun­gen zum Modell der Nachfol­ge haben können. So etwas kann auch ganz schnell über ungeplan­te Nachfol­ge passie­ren. Wenn z.B. eine Erbfol­ge eintritt und der Übergang der Gesell­schafts­an­tei­le nicht geregelt ist.

Welche Nachfol­ge­mög­lich­kei­ten gibt es überhaupt?

So mannig­fal­tig, wie die Motive sind, sind auch die Nachfolgemodelle

Nachfolgemodelle

Grund­sätz­lich stellt sich die Frage, ob das Unter­neh­men in der Familie bleiben soll oder nicht. Wenn ja, kommt es zum klassi­schen Generations­wechsel. Oder zu einer der Misch­for­men, wo entwe­der die Führung oder das Kapital von außen benötigt wird.

Die Entschei­dungs­fak­to­ren für die Wahl eines optima­len Nachfol­ge­mo­dells können sein:

  • Gibt es (bereits) ein Famili­en­mit­glied (oder mehre­re), das geeig­net ist, das Unter­neh­men ebenso fortzu­füh­ren? Falls Nein:
  • Gibt es im Unter­neh­men (bereits) einen Mitar­bei­ter (oder mehre­re), der geeig­net ist, das Unter­neh­men zu überneh­men? Falls Nein:
  • Welche sonsti­gen Möglich­kei­ten der Unternehmens­nachfolge gibt es?
    - Verkauf an außen­ste­hen­de Existenz­grün­der (Manage­ment Buy In).
    - Erwerb durch Dritte (Unter­neh­mer, Finanz­in­ves­to­ren oder Strategen).
  • Sind die geschaf­fe­nen Struk­tu­ren noch haltbar und tragfä­hig? Was insbe­son­de­re für die Gesell­schafts­form gilt?
  • Befin­den sich noch „Leichen im Keller“, die es vor der Unternehmens­nachfolge bzw. Unter­neh­mens­über­tra­gung noch zu besei­ti­gen gilt (u.a. Pensionsrückstellungen)?

Die Handlungs­fä­hig­keit im Blick behalten!

Generell sollte unbedingt die Handlungs­fä­hig­keit des Unter­neh­mens im Blick stehen. Spielt das keine Rolle mehr, dann sprechen wir eigent­lich nicht von einer Nachfolge.

Dabei spielen die drei Dimen­sio­nen KÖNNEN, WOLLEN und DÜRFEN auf Überge­ber und Überneh­mer­sei­te eine essen­ti­el­le Rolle.

  • Kann der Nachfol­ger den Job fachlich?
  • Kann der Nachfol­ger den Job auch unternehmerisch?
  • Ist er sowohl risiko­af­fin als auch stress­be­stän­dig, usw.
  • Kann der Nachfol­ger dies sich auch leisten? – Hat es das nötige Kleingeld?
  • Kann aber auch der Überge­ber loslassen?

Können Wollen Dürfen

Darüber hinaus ist es wichtig die Fragen des Wollens mit Ja zu beantworten.

  • Möchte ein Sohn bzw. eine Tochter oder auch ein Ex-Angestell­ter ein Leben als Unternehmer?
  • Will er die Verschul­dung, die Haftung als GF, usw.
  • Will man als Überge­ber weite­re Abhän­gig­kei­ten vom Unter­neh­men (z.B. Earn-Out Regelun­gen) und ist vom Erfolg des Unter­neh­mens ohne Einfluss abhängig.

Das Dürfen bezieht sich auf Fakto­ren, die man selber nicht wirklich im Griff hat. Da mag der eine oder andere Ehepart­ner gegen ein Unter­neh­mer­da­sein votie­ren. Oder das Vertrau­en in die Kinder, wegen vielleicht mangeln­der Fähig­kei­ten. Sowie auch der Aspekt … „ich will das meinen Kindern nicht antun“.

Der Fokus liegt auf den Menschen

Haben die mögli­chen Player auf dieser Ebene Klarheit gefun­den, dürfen steuer­li­che und recht­li­che jetzt durch­leuch­tet werden.

Steuern sind bei einer Unternehmens­nachfolge immer ein wichti­ges Thema. Inner­fa­mi­li­är erfolgt in den meisten Fällen die Übertra­gung auf Famili­en­mit­glie­der unent­gelt­lich. Entwe­der im Rahmen einer vorweg­ge­nom­me­nen Erbfol­ge oder von Todes wegen, z.B. auf der Grund­la­ge einer letzt­wil­li­gen Verfü­gung. In diesen Fällen unter­liegt der Erwerb durch die Erben/Nachfolger den Regelun­gen des Erbschafts- und Schenkungssteuerrechts.

Beson­der­hei­ten hierbei sind:

  • Verscho­nungs­re­ge­lung bei Übertra­gung von Betriebs­ver­mö­gen. (Wahlrecht Bewer­tungs­ab­schlag mit 85 % bei 5 Jahres-Option oder Bewer­tungs­ab­schlag von 100 % bei 7 Jahres-Option im Falle der Fortfüh­rung des Unter­neh­mens durch den Nachfol­ger im Sinne der Lohnsummenregelung)
  • Kann die Schen­kungs­steu­er­last auch durch die Einräu­mung eines Nießbrauchs zuguns­ten des Schen­kers weiter reduziert werden.
  • Steuer­frei­be­trä­ge für bestimm­te Perso­nen­grup­pen (z.B. Kinder EUR 400.000 alle 10 Jahre)

Ausnah­me: Eine entgelt­li­che Übertra­gung, z.B.  Übertra­gung des Unter­neh­mens gegen eine Veräu­ße­rungs­leib­ren­te. In diesem Fall ist das Erbschafts- und Schen­kungs­steu­er­recht nicht anwend­bar. Es entsteht ein Veräu­ße­rungs­ge­winn beim Übertra­gen­den und Anschaf­fungs­kos­ten bei Erwerber.

Heraus­for­de­rung mit mehre­ren Kindern

Glück­li­cher­wei­se gibt es immer wieder Nachfol­gen mit mehre­ren Kindern. Dabei ist sicher­zu­stel­len, dass die Handlungs­fä­hig­keit des Unter­neh­mens erhal­ten bleibt. Konkret bedeu­tet dies, dass sicher­ge­stellt sein sollte, dass eines der Kinder den „unter­neh­me­ri­schen Hut“ aufhat. In aller Regel hält dieser auch die Mehrheit der Antei­le und kann die alltäg­li­chen Geschäf­te mit einfa­cher Stimmen­mehr­heit selbst entschei­den. Ferner ist in diesem Fall sicher­zu­stel­len, dass der Wunsch des Überge­bers auch tatsäch­lich umgesetzt wird. Hierzu ist der Gesell­schafts­ver­trag des Unter­neh­mens mit dem Testa­ment des Überge­bers zu synchro­ni­sie­ren. Hat der Gesell­schafts­ver­trag auch Regelun­gen zu beinhal­ten, die sicher­stel­len, dass das Unter­neh­men auch im Falle des Verster­bens eines Kindes in „Famili­en­hand“ bleibt.

Um die Versor­gung der Angehö­ri­gen zu gewähr­leis­ten, sollte der Gesell­schafts­ver­trag entspre­chen­de Abfin­dungs­re­ge­lun­gen beinhal­ten. Hierbei ist sicher­zu­stel­len, dass durch das Ausschei­den eines Gesell­schaf­ters die Liqui­di­tät des Unter­neh­mens nicht zu sehr beansprucht wird. Dies kann erreicht werden durch entspre­chen­de Raten­zah­lun­gen oder aber auch durch den Abschluss einer Risikolebensversicherung.

Sind auch die versteck­ten Risiken im Blick?

Auch Risiken, an die man im ersten Augen­blick nicht denkt, sind ein großes Thema, die auch den Famili­en­frie­den gefähr­den können. Folgen­de Konstel­la­ti­on macht das klarer: Der Vater veräu­ßert seine Gesell­schafts­an­tei­le an die Kinder, mit der Konse­quenz, dass er nicht mehr Mehrheits­ge­sell­schaf­ter ist. Er bleibt aber weiter­hin Geschäfts­füh­rer und bezieht ein Geschäfts­füh­rer­ge­halt. Nach der Recht­spre­chung des BSG ist er jetzt sozial­ver­si­che­rungs­pflich­tig beschäf­tigt, weil er als Geschäfts­füh­rer den Weisun­gen der Mehrheits­ge­sell­schaf­ter folgen muss. Fortan müssen Sozial­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge gezahlt werden. Oft wird das erst, ggf. Jahre später, in der Betriebs­prü­fung erkannt und Beiträ­ge müssen nachge­zahlt werden. Will man das verhin­dern, muss im Gesell­schafts­ver­trag vorge­beugt werden.

Weite­re schlum­mern­de Risiken sind

  • Schein­selb­stän­dig­keit
  • Verdeck­te Arbeitnehmerüberlassung
  • Weite­re sozial­recht­li­che Risiken
  • Daten­schutz
  • Restruk­tu­rie­rungs­hin­der­nis­se

Diesen kann ein Überneh­mer im Rahmen einer Due Diligence auf die Schli­che kommen, was auch bei inter­nen Nachfol­gen ratsam ist.

Haftungs­ri­si­ken durch den Wechsel der Gesell­schafts­form können reduziert und teilwei­se sogar gänzlich ausge­schlos­sen werden. Z.B. durch die Umwand­lung eines Einzel­un­ter­neh­mens in eine Kapital­ge­sell­schaft oder Komman­dit­ge­sell­schaft. Die Frage der richti­gen Gesell­schafts­form sollte aber mit am Anfang der Überle­gun­gen betref­fend die Unternehmens­nachfolge stehen.

Pensi­ons­zu­sa­gen sind immer wieder ein Killer­kri­te­ri­um bei der Übertra­gung von Unter­neh­men. Entspre­chend spezia­li­sier­te Berater und Anbie­ter sollten unbedingt in solchen Fällen einge­bun­den werden. Lösungs­an­sät­ze können sein

  • Abschluss einer entspre­chen­den Rückdeckungsversicherung
  • Übertra­gung der Pensi­ons­rück­stel­lung auf einen Pensionssicherungsvereins
  • Verzicht des Berech­tig­ten auf die Pensi­ons­rück­stel­lung (Problem: außer­or­dent­li­cher Ertrag auf Ebene der Gesellschaft)

Prüfe wer sich ewig bindet!

Zur Streckung der Kaufpreis­be­las­tung oder zur Siche­rung der Alters­vor­sor­ge werden Renten­mo­del­le ins Spiel gebracht. Neben der finan­zi­el­len Belas­tung für das Unter­neh­men führt dies unwei­ger­lich zur Abhän­gig­keit des Überge­bers vom Erfolg der Überneh­mer. Das Loslas­sen wird dadurch nur erschwert. Inner­fa­mi­liä­re Problem sind oft vorpro­gram­miert. Der Verkauf an die Kinder ist hier oft nicht die schlech­tes­te Lösung.

Findet der Verkauf nicht an die Kinder statt, ist es wichtig sich schon im Vorfeld Gedan­ken über Käufer und deren Strate­gien zu machen. Im Wesent­li­chen stehen folgen­de Kaufin­ter­es­sen­ten zur Verfügung:

  • Einzel­in­ter­es­sen­ten außer­halb (MBI) oder inner­halb (MBO) des Unternehmens

Die sind meistens mit wenig Eigen­ka­pi­tal ausge­stat­tet und werden sich oft dem Risiko des Unter­neh­mer­tums erst im Verlauf des Prozes­ses klar.

  • Strate­gi­sche Inves­to­ren wie z.B. Wettbewerber
  • Privat Equity, Betei­li­gungs­ge­sell­schaf­ten oder Family Office

Deren Invest­stra­te­gien sind in der Regel sehr verschie­den, was sich auch u.a. auf die Halte­dau­er der Antei­le auswirkt.

Oft wird von den Verkäu­fern ein finan­zi­el­les und/oder sonsti­ges Committ­ment abver­langt, z.B. Rückbe­tei­li­gung, Verkäu­fer­dar­le­hen oder die Einar­bei­tung des neuen Manage­ments für eine Übergangszeit.

Der Nachfol­ger

Macht sich der eine oder andere Nachfol­ger Hoffnung auf die Möglich­keit, sich zu vieler Perso­nal­kos­ten zu entle­di­gen, muss er wissen, dass der Gesetz­ge­ber hier vorge­sorgt hat. Share Deal vs. Asset Deal: Ob bei einem Share Deal (also die Veräu­ße­rung der Gesell­schafts­an­tei­le, wobei der Gesell­schaf­ter und nicht die Gesell­schaft selbst ausge­tauscht wird) oder bei einem Asset Deal (also die Übernah­me der materi­el­le oder immate­ri­el­le Betriebs­mit­tel als wirtschaft­li­che Einheit) tritt der Erwer­ber nach § 613a BGB in die Arbeits­ver­hält­nis­se ein und kann sie wegen des Betriebs­über­gangs nicht kündi­gen oder die Arbeits­be­din­gun­gen ändern. Auch die Aufspal­tung eines Unter­neh­mens (z.B. Aldi Süd und Aldi Nord) lässt sich nach dem § 613a steuern. Wenn ein Betriebs­rat existiert, muss dieser aller­dings im Vorfeld betei­ligt werden (Stich­wort: Inter­es­sen­aus­gleich und Sozialplan).

In aller Munde ist auch der Begriff Compli­ance und für viele Unter­neh­mer ein rotes Tuch. In der Regel bewer­tet jeder Erwer­ber eines Unter­neh­mens die Risiken eines Compli­ance-Versto­ßes und wird entspre­chen­de Garan­tien im Kaufver­trag einfor­dern. Das ist auch inner­halb einer Familie relevant. Es sei denn, dem Inhaber ist es egal, dass seine Nachkom­men straf­recht­li­chen und wirtschaft­li­chen Risiken ausge­setzt sind.

Ihr Leitfa­den zum richti­gen Nachfolgemodell

Folgen­de Leitsät­ze helfen Ihnen die wichti­gen Fragen bei der Unternehmens­nachfolge zu klären:

  • Soll das Unter­neh­men in der FAMILIE bleiben?
  • WER kommt als Nachfol­ger infrage?
  • Prüfen von KÖNNEN, WOLLEN und DÜRFEN auf Seite des Überneh­mers und Übergebers!
  • Optimie­ren der Wunschvariante(n) bei STEUERN, RECHT, FINANZEN, usw.

Über die Autoren:

Roland Grepp­mair und Holger Haber­mann, Partner von KERN - Die Nachfolge­spezialisten in München

Dr. Philipp Gold, Rechts­an­walt und Steuer­be­ra­ter, Kanzlei SATELL in München

Dr. Dominik Jochums und Dr. Raimund Lange, Kanzlei Maat in München

Medien­part­ner:

Unter­neh­mer Edition

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