Zäsur für ein fragiles Wirtschaftswachstum in Zeiten von Corona.
Wir schreiben das Jahr 2020. Wir haben die Jahreshälfte erreicht, die Tage werden wieder kürzer. Hätte Ihnen jemand in 2019 erzählt, dass im nächsten Jahr für zwei bis drei Monate die gesamte Weltwirtschaft lahmgelegt wird, ich vermute Sie hätte Ihn oder Sie für verrückt erklärt.
Buchstäblich ver-rückt empfinde ich die brüchigen Säulen, auf die die Menschheit diese so komplex-vernetzte Weltwirtschaft aufgebaut hat. Kaum können nur mehr die dringendst benötigten Waren und Dienstleistungen für ein paar Wochen abgerufen werden, zeigt sich die Fragilität unserer globalen Wirtschaftsstruktur.
Ich stelle mir die Frage, welche Konsequenzen kann man für den Unternehmensverkauf und -kauf ableiten, mit einem Blick zurück auf die letzten Wochen und Monate. Ist ein Rückblick überhaupt jetzt schon zulässig? Denn irgendwie droht da ja immer noch die nächste Welle, wenn der Sommer vorbei ist. Und dann vielleicht die dritte oder vierte? Who knows?
Ist die M&A-Party wirklich vorbei?
Am 30. April titelte reißerisch das Finance-Magazin „Die M&A-Party ist vorbei“, um auszudrücken, dass der Höhenflug am M&A-Markt – also am Markt für Unternehmensverkauf und -kauf - zu Ende sei. Das macht einen als Akteur am Beratermarkt erstmal nachdenklich. Und jeder Unternehmer, der gerne jetzt die verdienten Lorbeeren aus seinem Unternehmerleben eingefahren hätte, bekommt vielleicht ein mulmiges Gefühl im Bauch und fragt sich: „Finde ich da überhaupt einen Käufer?“
In das gleiche Horn bläst Dr. Michael Drill (CEO bei Lincoln International) in einem Artikel in der Unternehmeredition vom 24. April und rechnet auf Basis der Erfahrungen aus der Finanzmarktkrise 2008/09 für Deutschland im ersten Halbjahr 2020 mit einem Einbruch der Transaktionsanzahl von über 50%.
Am 10. Juni tagten wir im Nachfolge-Expertenkreis des Bundesverbandes der Mittelständischen Wirtschaft (BVMW). Die dort versammelten Experten der Szene für den kleineren Mittelstand kamen insgesamt zu einem positiveren Bild. Das Geld am Markt sei nach wie vor vorhanden, Corona spiele in den Nachfolge- und Übergabeprozessen noch keine Rolle, sowie gäbe es eine erhöhte Nachfrage nach Unternehmen, die sich eben als krisenresistent gezeigt haben.
Nicolas Rädecke, von der Deutschen Unternehmerbörse (DUB), stellte fest, dass Käufer branchenübergreifend zu Mitte März zurückkamen und jetzt auch vermehrt Verkäufer wieder die Aktivitäten aufnehmen.
Der Markt für Unternehmensverkauf und -kauf befreit sich aus der Schockstarre
Ich denke der Markt hat eine Pause eingelegt und erholt sich jetzt wieder aus seiner Schock-Starre. Wie am Aktienmarkt, spielt auch in der M&A-Szene die Psychologie eine große Rolle. Drum möchte ich kein weiteres Öl in das psychologische Feuer des M&A-Marktes gießen und die Lage weiter negativ aufheizen. Ich plädiere für eine differenzierte Betrachtung. Denn nur die hilft Ihnen als Käufer oder Verkäufer.
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