Schnellcheck für die Prüfung eines Zielunternehmens
Zugegeben: es ist schon schwer genug, eine geeignete Firma für eine Unternehmensnachfolge aus der gewünschten Branche und Region zum passenden Zeitpunkt zu finden. Aber selbst wenn ein augenscheinlich passender Kandidat gefunden ist, gilt es eine Reihe von Kriterien schnell zu prüfen, um kostspielige Fehler zu vermeiden und keine Zeit mit ungeeigneten Kaufkandidaten zu verschwenden. Ich habe nachfolgend 5 Kriterien skizziert, die jeder MBI-Kandidat schnell prüfen kann.
1. Liegen aussagefähige Unterlagen vor?
Wenn ein Unternehmer ernsthaft an der Veräußerung seiner Firma interessiert ist, sollte er aussagefähige Informationen über sein Unternehmen vorbereitet haben. Idealerweise verfügt er über ein Exposé oder Informationsmemorandum welches Details über Geschäftsmodell, Produkte bzw. Dienstleistungen, Kunden, Lieferanten und natürlich Finanzdaten beinhaltet. In jedem Fall sollte er bereit sein – gegen Unterzeichnung einer Vertraulichkeitserklärung – die aufbereiteten Geschäftszahlen der letzten drei Jahre inkl. aktueller Zahlen des laufenden Jahres zur Verfügung zu stellen. Da ein Erwerber sich ein Bild über die zukünftige Entwicklung machen will, sollte es zumindest einen Ausblick auf die nächsten 2-3 Geschäftsjahre geben. Wenn der Verkäufer die genannten Informationen nicht zügig, nur unvollständig oder in einer nicht aussagefähigen Form zur Verfügung stellt, ist dies bereits ein erster wichtiger Warnhinweis.
2. Ist das Unternehmen in den vergangenen drei Jahren profitabel gewesen?
Sofern das Zielunternehmen in den vergangenen drei Jahren Verluste ausgewiesen hat, ist zumindest Vorsicht geboten. Natürlich können auch Restrukturierungsfälle im Falle moderater Kaufpreisforderungen attraktiv sein. Allerdings wird es kompliziert, wenn das Unternehmen unprofitabel ist. Der Übernehmer sollte dann über entsprechende Sanierungserfahrungen verfügen. Die Finanzierung des Kaufpreises durch Bankdarlehen ist regelmäßig mit großen Schwierigkeiten verbunden. Der Business Plan geht in diesen Fällen häufig von stark steigenden, jedoch höchst ungewissen Gewinnen in den Folgejahren aus. Nicht zuletzt ist die Zahlung eines angemessenen Unternehmerlohns zunächst unmöglich. Eine angemessene Profitabilität des Unternehmens ist daher im Regelfall eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge.
3. Besteht eine ernsthafte Verkaufsabsicht des Eigentümers?
Für einen Kaufinteressenten ist es von großer Bedeutung, schnell zu erkennen, ob der Verkäufer ernsthaft an einer Veräußerung interessiert ist und hierzu auch innerlich entschlossen ist. Anderenfalls verwendet man Zeit und Geld für eine letztlich nutzlose Unternehmensprüfung. Leider ist es nicht ganz leicht, die Ernsthaftigkeit des Verkäufers rechtzeitig zu erkennen. Indizien sind beispielsweise die schlechte oder fehlende Vorbereitung der Verkaufsunterlagen. Hat der Verkäufer bereits über einen längeren Zeitraum nach einem Nachfolger gesucht oder schon Verkaufsgespräche abgebrochen, sollte man hellhörig werden. Falls der Verkäufer einen Nachfolgeberater an Bord hat, ist dies meist ein gutes Zeichen. Bestehen Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Verkaufsabsichten sollten sich Verkäufer und Käufer in einem persönlichen Gespräch tief in die Augen schauen und die Bedenken offen ansprechen. Am Ende kommt es dabei auf die Menschenkenntnis und Erfahrung des Kaufinteressenten an. Hat der Käufer hingegen grundlegende Zweifel an der Verkaufsbereitschaft, sollte man sich lieber auf ein anderes Zielunternehmen fokussieren und nicht zu lange an einem aussichtslosen Wunschkandidaten festhalten.
4. Hat der Verkäufer eine realistische Einschätzung des Marktwerts?
Umfragen zufolge schätzen ca. 70% der mittelständischen Unternehmensinhaber den Wert ihres Unternehmens zu hoch ein. Die Wahrscheinlichkeit ist daher sehr hoch, dass ein Kaufinteressent mit einer überhöhten Kaufpreisforderung konfrontiert wird, die sich häufig aus einer Wunschvorstellung des benötigten Kapitals für die Altersvorsorge des Eigentümers speist. Ein Kaufinteressent sollte sich daher mit den Grundlagen der Bewertung von Unternehmen auskennen. In jedem Fall empfiehlt es sich, aktuelle branchen- und größenspezifische Bewertungsmultiplikatoren im Kopf zu haben. Es lässt sich dann recht einfach feststellen, ob die Kaufpreisforderung einigermaßen marktgerecht ist. Falls dies nicht der Fall ist, sollte der Übernehmer nicht zögern und die Diskrepanz rechtzeitig kommunizieren, damit die weitere Unternehmensprüfung nicht auf einer falschen Basis erfolgt.
5. Ist das Unternehmen nachfolgefähig?
Die wohl wichtigste Frage des Schnellchecks muss der Übernehmer schließlich aus dem Bauch heraus beantworten: kann ich mir vorstellen, in die Rolle des Unternehmers zu schlüpfen und den Generationswechsel erfolgreich bewerkstelligen. Folgende Fragen muss sich jeder Übernehmer stellen: Verfügt die Firma über eine ausreichende Größe oder ist die Abhängigkeit vom Inhaber zu überwältigend? Traue ich mir zu Kunden, Lieferanten und Mitarbeiter an mich persönlich als zukünftigem Unternehmer zu binden? Ist das Geschäftsmodell wirklich zukunftsfähig? Lässt die Ertragskraft des Unternehmens die Zahlung eines angemessenen, risikoadäquaten Unternehmerlohns zu?
Wer diese fünf Fragen guten Gewissens mit Ja beantworten kann, hat ein Unternehmen gefunden, in dessen weitere Prüfung es sich lohnt Zeit und Ressourcen zu investieren.
Das könnte Sie auch interessieren:
Familieninterne Unternehmensnachfolge: Die vier wichtigsten Fragen
Kostenfreie Webinare zur Unternehmensnachfolge
Gezielte Bilanzbereinigung kann Unternehmenswert erhöhen