Die Unternehmensbewertung ist ein zentraler Prozess zur Bestimmung des ökonomischen Werts eines Unternehmens – sei es bei Unternehmensverkäufen, Fusionen oder Erbangelegenheiten. Der erste Schritt besteht darin, den materiellen und immateriellen Unternehmenswert zu erfassen, um so eine fundierte Basis für Verhandlungen zu schaffen. Dabei spielen unterschiedliche Methoden der Unternehmensbewertung eine wesentliche Rolle, denn der ermittelte Wert dient in erster Linie als Verhandlungsbasis, während der finale Kaufpreis durch Angebot, Nachfrage und Verhandlungsgeschick festgelegt wird.
In Kürze – Das Wichtigste auf einen Blick:
Übersicht der 6 Methoden für eine Unternehmensbewertung


Was versteht man unter Unternehmensbewertung?
- Es handelt sich um den Prozess, den wirtschaftlichen Wert eines Unternehmens oder seiner Anteile zu bestimmen.
- Typische Anlässe sind beispielsweise Unternehmensverkäufe, Börsengänge, Fusionen, Erbangelegenheiten oder ein Gesellschafterwechsel.
Warum existieren unterschiedliche Methoden zur Berechnung des Unternehmenswertes?
- Unterschiedliche Zielsetzungen und Informationsbedürfnisse ergeben sich je nachdem, ob Käufer oder Verkäufer den Unternehmenswert berechnen möchten.
- Branchenspezifika sowie die Phase, in der sich ein Unternehmen befindet, spielen eine wichtige Rolle – etwa ein Startup versus ein etabliertes KMU.
- Der Methodenpluralismus ist ein anerkannter Ansatz, um eine möglichst verlässliche und umfassende Bewertung zu erzielen.
Vom Wert zum Preis: Ein wichtiger Unterschied
Der ermittelte Unternehmenswert bildet lediglich die Basis für Verhandlungen. Der finale Kaufpreis kann, bedingt durch Markteinflüsse und individuelle Verhandlungsgeschicklichkeiten, deutlich darüber oder darunter liegen.
Das Ertragswertverfahren: Bewertung anhand zukünftiger Erfolge
Das Ertragswertverfahren zählt in Deutschland zu den etablierten Verfahren und beruht auf der Annahme, dass der Wert eines Unternehmens maßgeblich durch seine zukünftigen Ertragsaussichten bestimmt wird. Ziel ist es, die künftigen, nachhaltig erzielbaren Gewinne in den Bewertungsstichtag zu diskontieren.
Funktionsweise und Grundprinzip
Das Verfahren geht davon aus, dass zukünftige finanzielle Überschüsse – die sogenannten Erträge – den Unternehmenswert maßgeblich bestimmen. Durch die Diskontierung dieser prognostizierten Erträge wird ein Barwert ermittelt, der die Zukunftserwartungen in die Gegenwart überträgt.
Berechnung des Ertragswerts
- Zunächst erfolgt die Ermittlung des nachhaltig erzielbaren, bereinigten Betriebsergebnisses. In der Praxis wird häufig der Durchschnitt der letzten 3–5 Jahre plus Planjahre zugrunde gelegt.
- Der Kapitalisierungszinssatz wird definiert, indem ein Basiszins mit einem Risikozuschlag kombiniert wird, der branchenspezifische und unternehmensspezifische Risiken widerspiegelt.
- Die vereinfachte Formel lautet: Ertragswert = Zukünftiger durchschnittlicher Jahresertrag / Kapitalisierungszinssatz.
Vor- und Nachteile sowie Anwendungsbereiche
- Vorteile: Das Verfahren fokussiert sich gezielt auf die künftige Ertragskraft und ist in Deutschland (IDW S1) weit verbreitet.
- Nachteile: Die Methode ist stark abhängig von den getroffenen Prognosen und dem gewählten Kapitalisierungszinssatz.
- Anwendung: Besonders bei KMU und Familienunternehmen, wo die Erträge relativ stabil prognostizierbar sind, findet das Ertragswertverfahren häufig Anwendung.
Das Substanzwertverfahren: Was ist das Unternehmen materiell wert?
Das Substanzwertverfahren ermittelt den Wert des Unternehmens auf Basis der materiellen Vermögenswerte. Hierbei wird vor allem der Wert der einzelnen Vermögensgegenstände abzüglich der Schulden betrachtet.
Definition und Ermittlung des Substanzwerts
- Im Mittelpunkt steht die Summe der materiellen Vermögenswerte, wobei zwischen dem Teilreproduktionswert (notwendiges Betriebsvermögen zu Wiederbeschaffungskosten) und dem Vollreproduktionswert (welcher auch immaterielle Werte berücksichtigt) unterschieden wird.
- Zusätzlich wird der Liquidationswert, also der Erlös bei einer möglichen Zerschlagung, als absolute Untergrenze herangezogen.
Aussagekraft und Grenzen
- Vorteile: Das Verfahren bietet oft eine objektive Basis, da einzelne Wertgegenstände klar bezifferbar sind.
- Nachteile: Zukünftige Ertragspotenziale, Synergien oder immaterielle Werte wie Markenwert und Kundenstamm (Goodwill) fließen nicht ausreichend ein.
Typische Anwendungsfälle
- Besonders relevant bei anlageintensiven Unternehmen, wie beispielsweise in der Immobilienbranche.
- Dient als Plausibilitätscheck oder Mindestwertbestimmung in Kombination mit anderen Bewertungsmethoden.
- Kommt häufig in Liquidationsszenarien zur Anwendung.
Mehr zum Thema, finden Sie im ausführlichen Blog-Artikel zum Thema Substanzwertverfahren.
Discounted Cashflow Verfahren: Der internationale Standard
Das Discounted Cashflow (DCF)-Verfahren hat sich international als eine führende Methode zur Bewertung von Unternehmen etabliert. Die DCF-Methode basiert auf der Projektion zukünftiger Zahlungsströme, die auf den Bewertungsstichtag abgezinst werden.
Grundgedanke und Methodik
Das DCF-Verfahren ähnelt prinzipiell dem Ertragswertverfahren, indem es die zukünftigen Free Cashflows (FCF) – also jene Zahlungsströme, die den Kapitalgebern tatsächlich zur Verfügung stehen – in den Mittelpunkt stellt. Durch die Diskontierung dieser Cashflows wird ein Unternehmenswert in heutigen Zahlen abgebildet.
Varianten des DCF-Verfahrens
- Equity-Methode (Flow to Equity, FtE): Diese Variante bewertet direkt das Eigenkapital des Unternehmens.
- Entity-Methode (WACC-Ansatz, APV-Ansatz): Hierbei wird zunächst der Gesamtwert des Unternehmens ermittelt, bevor auf das Eigenkapital umgerechnet wird.
Stärken, Schwächen und Einsatzgebiete
- Vorteile: Das DCF-Verfahren wird international anerkannt und bietet eine starke Zukunftsorientierung bei gleichzeitig hoher Flexibilität.
- Nachteile: Die Komplexität des Verfahrens erfordert eine präzise Cashflow-Planung. Zudem ist das Ergebnis stark von den getroffenen Annahmen und Prognosen abhängig.
- Anwendung: Besonders geeignet für größere Unternehmen, internationale Transaktionen sowie Wachstumsunternehmen, bei denen die zukünftigen Zahlungsströme von zentraler Bedeutung sind.
Multiple Methode
Bei der Multiple Methode spricht man auch von einer marktwertorientierten Methode, die auf dem Vergleich eines Unternehmens mit anderen beruht, ähnlich positionierten Firmen, die bereits verkauft oder börsennotiert sind. Diese Verfahren nutzen Multiplikatoren, die auf operative Kennzahlen wie EBIT, EBITDA oder Umsatz angewendet werden.
Das Prinzip der Multiple Methode
Der Unternehmenswert wird durch die Anwendung eines Multiplikators auf operative Größen abgeleitet. Dieser Vergleich mit einer Peer Group ermöglicht eine schnelle Marktnahe Bewertung.
Gängige Multiples und ihre Quellen
- Typische Kennzahlen sind EBIT-Multiples, EBITDA-Multiples oder Umsatz-Multiples.
- Quellen für diese Daten liefern unter anderem spezialisierte Datenbanken wie das DUB-Magazin, M&A-Berichte oder Analystenschätzungen.
- Wichtig ist dabei die Auswahl einer passenden Vergleichsgruppe, um Realitätsnähe zu gewährleisten.
Vorzüge und Limitationen
- Vorteile: Die Methode zeichnet sich durch ihre einfache Anwendung aus und bietet eine gute erste Indikation des Unternehmenswerts.
- Nachteile: Die Vergleichbarkeit kann aufgrund unterschiedlicher Unternehmensgrößen und Geschäftsmodelle eingeschränkt sein. Zudem basiert die Methode oft auf historischen Daten, die individuelle Unternehmensmerkmale nicht vollständig berücksichtigen.
- Mittelwertverfahren: Als pragmatischer Kompromiss liegt oft auch ein Mittelwertverfahren zugrunde, das Aspekte von Substanz- und Ertragswert kombiniert – wenngleich theoretisch weniger fundiert.
Weitere relevante Unternehmensbewertung Methoden und Einflussfaktoren
Neben den bereits beschriebenen Verfahren existieren weitere Ansätze, die den Unternehmenswert beeinflussen und ergänzen können.
Liquidationswertverfahren im Detail
Das Liquidationswertverfahren wird häufig in Krisensituationen genutzt, wenn eine Zerschlagung des Unternehmens droht. Hierbei wird der Wert ermittelt, der durch die Einzelveräußerung aller Vermögenswerte erzielt werden kann.
Venture-Capital-Methode für Start-ups
Gerade für junge, wachstumsstarke Unternehmen ohne stabile Cashflows spielt die Venture-Capital-Methode eine wichtige Rolle. Sie basiert maßgeblich auf Exit-Szenarien und den Renditeerwartungen der Investoren.
Die Bedeutung von Goodwill und immateriellen Werten
Goodwill repräsentiert den immateriellen Wert, der über den reinen Substanzwert hinausgeht. Markenname, Kundenstamm und Mitarbeiter-Know-how zählen hierbei zu den entscheidenden Faktoren, die den Unternehmenswert zusätzlich aufwerten können.
Einfluss von Due-Diligence-Prüfungen
Eine sorgfältige Due Diligence – rechtlich, steuerlich und finanziell – ist oft unerlässlich, um eine realistische Einschätzung der Unternehmenswerte zu erhalten. Diese Prüfungen können den finalen Wert maßgeblich beeinflussen.
Fazit: Die richtige Methode zur Unternehmensbewertung wählen und kombinieren
Die Auswahl der geeigneten Bewertungsmethode hängt von zahlreichen Faktoren ab und es gibt keine universell perfekte Technik.
Keine Methode ist universell perfekt
Jede Bewertungsmethode hat spezifische Stärken und Schwächen. Die Entscheidung, welche Methode angewendet wird, richtet sich nach dem Bewertungsanlass, der Unternehmensart sowie der Größe und den verfügbaren Daten.
Der Wert des Methodenpluralismus
Um ein realistisches Wertband zu erhalten, empfiehlt es sich oft, mehrere Ansätze zu kombinieren. Die Anwendung diverser Methoden ermöglicht eine umfassende Plausibilisierung der Ergebnisse.
Wann professionelle Beratung unerlässlich ist
Aufgrund der komplexen Natur der Unternehmensbewertung ist es ratsam, auf die Expertise von M&A-Beratern, Wirtschaftsprüfern oder spezialisierten Gutachtern zurückzugreifen – insbesondere bei größeren Transaktionen oder unklaren Marktsituationen.

FAQ - Häufig gestellte Fragen
Der Unternehmenswert ist ein kalkulierter, objektiver Betrag, während der Kaufpreis das Ergebnis von Verhandlungen zwischen Käufer und Verkäufer ist und davon abweichen kann.
Es gibt keine universell beste Methode. Die Eignung hängt von der Unternehmenssituation, dem Bewertungsanlass und den vorliegenden Daten ab. Eine Kombination mehrerer Methoden ist oft sinnvoll.
Ein höherer Kapitalisierungszinssatz, der ein höheres Risiko oder eine höhere Renditeerwartung widerspiegelt, führt zu einem niedrigeren Ertragswert und umgekehrt.
EBIT-Multiples sind Kennzahlen, die auf dem Gewinn vor Zinsen und Steuern basieren und zur Ableitung des Unternehmenswerts aus vergleichbaren Transaktionen verwendet werden.
Die Kombination verschiedener Bewertungsverfahren liefert eine robustere Wertindikation und hilft, die Ergebnisse der Einzelansätze zu plausibilisieren.
Ja, der Substanzwert dient häufig als Wertuntergrenze, insbesondere bei anlageintensiven Firmen, und unterstützt die Plausibilisierung anderer Bewertungsverfahren.
Goodwill repräsentiert den immateriellen Wert eines Unternehmens – etwa den Markenwert oder den Kundenstamm –, der über den reinen materiellen Substanzwert hinausgeht.nsicheren Zeiten oft stabile Perspektiven, was das Interesse an Betriebsübernahmen zusätzlich steigert.

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