Alpenpanorama mit eingezeichneter Karte zu den 4 Schritten der Firmennachfolge

Unternehmens­nachfolge in Bayern als Innovationsmotor

Der DIHK-Aktions­tag Unternehmens­nachfolge in Bayern und München beleuch­te­te die Frage, wie ein Generations­wechsel die Innova­ti­ons­kraft eines Unter­neh­mens stärken kann. Denn ein profes­sio­nell gemanag­ter Unternehmens­nachfolge-Prozess kann sich positiv auf die Innova­ti­ons­freu­de im Unter­neh­men auswirken. 

Markus Neuner ist der Leiter des Referats Firmen­recht und Unternehmens­nachfolge der IHK für München und Oberbay­ern. In dieser Funkti­on hat er vor einigen Tagen 40 Gästen die drei Referen­ten und Nachfolge­spezialisten Beatri­ce Roden­stock, Holger Haber­mann und Roland Grepp­mair vorge­stellt. Dabei wies er auf die Wichtig­keit erfolg­rei­cher Unter­neh­mens­über­gän­ge für die bayeri­sche Wirtschaft und den volks­wirt­schaft­li­chen Nutzen hin. Denn bundes­weit sind davon in den nächs­ten zwei Jahren ca. 100.000 Unter­neh­men und rund 800.000 Arbeits­plät­ze betrof­fen. Die immer älter werden­den Überge­ber sind indes oft ein Zeichen, dass nicht früh genug mit der Suche nach einem passen­den Nachfol­ger und ggf. dessen Aufbau begon­nen wird. Außer­dem wird seiner Erfah­rung nach die emotio­na­le Kompo­nen­te vielfach unterschätzt.

Genau da setzten die Referen­ten im Kern ihres Vortrags an. Dazu nutzten sie mehrfach die Metapher des Eisberg­mo­dells. Dieses verdeut­licht anschau­lich, wie wichtig es ist, sich die 90% unter­halb der Wasser­ober­flä­che anzuse­hen. Gemeint waren mitun­ter die unbewuss­ten Aspek­te wie Wünsche, Erwar­tun­gen und Ängste. Denn diese erfor­dern beim Überge­ber und beim poten­ti­el­len Überneh­mer ein ehrli­ches Hinschau­en und Kommu­ni­zie­ren. Ein großes Anlie­gen war es dem Referen­ten außer­dem, auch in die Perspek­ti­ve des Unter­neh­mens zu gehen. „Was braucht das Unter­neh­men?“ war eine Schlüs­sel­fra­ge, die den gut 90-minüti­gen Vortrag immer wieder begleitete.

Bergbe­stei­gung als Metapher für die Unternehmens­nachfolge in Bayern

Zu München und dem Thema gut passend wurden die Zuhörer auf eine Bergwan­de­rung mitge­nom­men. Dadurch wurde demons­triert, auf welch anstren­gen­des Vorha­ben man sich mit einer Unternehmens­nachfolge einlässt. Dazu kommt, dass man Durch­hal­te­ver­mö­gen braucht und die Welt am Gipfel eine andere ist als am Start­punkt unten im Tal.

Roland Grepp­mair, der werte­ori­en­tier­te Nachfol­ge­be­ra­ter, macht zu anfangs eindrucks­voll klar in welchem Kontext Unter­neh­men sich heute befinden.

Der rasan­te Wandel wird ausge­löst durch disrup­ti­ve Techno­lo­gien, die anders­ar­ti­ge Geschäfts­mo­del­le erst ermög­li­chen und den Kunden­nut­zen massiv erhöhen. Das alles sind Gegeben­hei­ten, die für Unter­neh­men oft sehr schnell tödlich werden können. Kodak, Nokia oder Polaroid werden als drei Beispie­le von vielen genannt, die den Wandel nicht überlebt haben. „Genau in diesem Kontext ist die Unternehmens­nachfolge eine echte Chance“, sagt er. Insofern eine Antwort zu finden, was denn das eigene Unter­neh­men wirklich braucht, um überle­bens­fä­hig zu bleiben.

Vier Phasen sind es, in die jede Nachfol­ge geglie­dert werden kann. Wohlwis­send, dass jede in Ihrer Art sehr indivi­du­ell ist.

Phase 1: Die Orientierungsphase

hat zum Ziel ein optima­les Überga­be­sze­na­rio. Holger Haber­mann von KERN Unternehmens­nachfolge. Erfolg­rei­cher machte entspre­chend deutlich, dass die wichtigs­te Kompo­nen­te in dieser Phase Zeit ist.

Sparrings­part­ner können entspre­chend helfen zu reflek­tie­ren. Beatri­ce Roden­stock beschäf­tigt sich in Ihrer Beratung haupt­säch­lich mit Famili­en­un­ter­neh­men. Insbe­son­de­re hier spielen sowohl beim Überge­ber als auch beim Überneh­mer drei Sicht­wei­sen in ein und der dersel­ben Person eine Rolle. Die Familie, das Unter­neh­men und auch die Sicht des Gesell­schaf­ters, der Kapital ins Unter­neh­men inves­tiert hat. Drei Perspek­ti­ven, denen Sie nicht immer gerecht werden können. Steht das optima­le Überga­be­sze­na­rio endlich fest folgt

Phase 2: Die Planungsphase

Deren Ziel ist ein verbind­li­cher Plan, abgestimmt mit allen Partei­en; sozusa­gen das Drehbuch für die tatsäch­li­che Überga­be. In dieser Phase wird meist erst die hohe Komple­xi­tät so einer Nachfol­ge deutlich. Demzu­fol­ge lohnt sich meist profes­sio­nel­ler Beistand. Denn all das muss ja neben dem Tages­ge­schäft bewäl­tigt werden.

Spezi­ell der Nachfol­ger fragt sich: „Was überneh­me ich hier eigent­lich?“. Da macht eine Risiko­prü­fung schon Sinn. Wie steht das Unter­neh­men am Markt da? Welche recht­li­chen, steuer­li­chen und finan­zi­el­len Risiken bestehen? Roland Grepp­mair weist dabei expli­zit auf die Unter­neh­mens­kul­tur hin. Wie ticken die Mitar­bei­ter? Welche Führungs­kul­tur besteht? Passt es zu mir als Nachfolger?

So wichtig diese Planungs­pha­se ist, noch ist die Überga­be reine Theorie. Das ändert sich schnell in

Phase 3: Der Übergabephase

an deren Ende der Überneh­mer tatsäch­lich das Unter­neh­men leitet. Heraus­for­de­rung in dieser Phase ist die Bewäl­ti­gung von Konflik­ten. Denn man durfte oft Jahrzehn­te die Geschi­cke durch eigene, schnel­le Entschei­dun­gen bestim­men. Diese Kompe­tenz erweist sich bei der Unter­neh­mens­über­ga­be jedoch oft als genau das Gegen­teil. Hier sind sich Beatri­ce Roden­stock und Holger Haber­mann sicher: Die Wertschät­zung des jeweils anderen stellt einen wichti­gen Schlüs­sel zur Konflikt­ver­mei­dung dar.

Für das Unter­neh­men ist das Vertrau­en in die neue Führung beson­ders wichtig. Das muss Ziel N°1 sein für den Nachfol­ger, meint Roland Greppmair.

Wurde diese Phase gut bewäl­tigt, hat es der Nachfol­ger geschafft! Jetzt bestimmt er die zukünf­ti­gen Geschi­cke des Unter­neh­mens und kann seinen Visio­nen und Vorstel­lun­gen Leben einhau­chen. Darum ist die letzte Phase der Bergwan­de­rung nicht minder wichtig.

Phase 4: Die Post-Übergabe

Der Überneh­mer führt das Unter­neh­men gestärkt in die Zukunft. Gemäß der drei Referen­ten gibt es hierfür vier Voraussetzungen:

  • Der Nachfol­ger ist zu 100% im Amt.
  • Ein zukunfts­fä­hi­ges Geschäfts­mo­dell ist etabliert.
  • Die Unter­neh­mens­kul­tur trägt Vision, Missi­on und Geschäftsmodell.
  • Es besteht Vertrau­en in die neue Führung.

So wird aus einer alten Stabi­li­tät eine neue Stabi­li­tät für das Unter­neh­men. Wobei diese Stabi­li­tät Innova­tio­nen wieder gedei­hen lässt. Damit bildet sie den Boden für eine erfolg­rei­che Zukunft. 

Trotz sommer­li­cher Tempe­ra­tu­ren waren alle Zuhörer gefes­selt von einem Nachfol­ge­pro­zess mit Fokus auf das Wesent­li­che. Dem Menschen! Rollen­spie­le, authen­ti­sche Beispiel aus der Praxis und eine dynami­sche Präsen­ta­ti­ons­form machten den Abend zu einem echten Erlebnis.

Über die Referenten:

Beatri­ce Roden­stock, Dipl.-Soz. und syste­mi­sche Coach, ist geschäfts­füh­ren­de Gesell­schaf­te­rin der Roden­stock – Gesell­schaft für Famili­en­un­ter­neh­men mbH. Sie unter­stützt Unter­neh­mer­fa­mi­li­en bei Verän­de­rungs­pro­zes­sen in den Berei­chen Nachfol­ge und Entwick­lung von Famili­en-, Unter­neh­mens- und Family Office Strategien.

Holger Haber­mann ist Partner von KERN Unternehmens­nachfolge. Erfolg­rei­cher in München sowie syste­mi­scher Coach. Dabei beglei­tet der Unter­neh­mer bei der Unternehmens­nachfolge sowie beim Unter­nehmens­verkauf und Firmen­kauf in München und Oberbayern.

Roland Grepp­mair ist Syste­mi­scher Coach und Exper­te für Werte­sys­te­me und Unter­neh­mens­kul­tur. Er beglei­tet Überge­ber, Überneh­mer und das Unter­neh­men während und nach dem Unternehmensübergang.

Rezen­sio­nen:

Vielen Dank für Ihren innova­ti­ven Beitrag zu unserem bundes­wei­ten DIHK Aktions­tag “Unternehmens­nachfolge“. Den Fokus auf die “weichen” Themen zu setzen deckt sich ganz mit unserer Erfah­rung, was eine Nachfol­ge erfolg­reich macht. Die vier Phasen geben Struk­tur und Orien­tie­rung in einem sehr komple­xen Prozess. Gerne wieder bei anderer Gelegenheit”

Markus Neuner, IHK für München und Oberbayern

Tolle Idee, die Unternehmens­nachfolge in eine Bergtour zu verpa­cken. Dass es anstren­gend ist, kenne ich aus meiner eigenen Erfah­rung mit der Nachfol­ge. Darum macht der vorge­stell­te vierstu­fi­ge Prozess sehr viel Sinn und schafft Ordnung. Fesselnd und leben­dig vorge­tra­gen mit vielen Praxis­bei­spie­len garniert. Ich kann nur sagen: Top-Referen­ten, Top-Veranstaltung”

Marius Elgers­häu­ser, Unter­neh­mer aus München

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Welche emotio­na­len Aspek­te sind in der Unternehmens­nachfolge zu beach­ten?

Emotio­na­le Aspek­te werden in der Unternehmens­nachfolge häufig unter­schätzt. Das ist wie bei einem Eisberg: 90% der Emotio­nen sind nicht sofort sicht­bar. Sie liegen unter der Wasser­ober­flä­che. Dazu gehören insbe­son­de­re auch Wünsche, Erwar­tun­gen und Ängste. Die Nachfol­ge lässt sich aber auch mit einer Bergbe­stei­gung umschrei­ben. Die Unter­neh­mens­über­ga­be ist schließ­lich nicht minder anstren­gend. Außer­dem braucht es einiges an Ausdau­er. Die Welt auf dem Gipfel ist hinge­gen eine ganz andere, als am Start­punkt im Tal. 

Aus welchen Phasen besteht der Prozess einer Unternehmens­nachfolge?

1. Die Orien­tie­rungs­pha­se: Ziel ist hier die Erstel­lung eines optima­len Überga­be­sze­na­ri­os.
2. Die Planungs­pha­se: In dieser Phase wird das “Drehbuch” für die Überga­be erarbei­tet.
3. Die Überga­be­pha­se: Am Ende der Überga­be­pha­se leitet im Optimal­fall der Überneh­mer das Unter­neh­men. Um Konflik­te zu bewäl­ti­gen, hilft gegen­sei­ti­ge Wertschät­zung.
4. Die Post-Überga­be, an deren Ende der Überneh­mer das Unter­neh­men gestärkt in die Zukunft führt. Dazu muss er fest im Sattel sitzen und die Unter­neh­mens­kul­tur Vision, Missi­on und Geschäfts­mo­dell tragen. Ferner müssen ein zukunfts­fä­hi­ges Geschäfts­mo­dell und Vertrau­en in die neue Führung bestehen.