Seit dem heutigen Montag ist die neue europäische Erbrechtsverordnung in Kraft. Zeitgleich haben viele Deutsche, die ihren Ruhestand in Spanien verbringen, ihre Ehepartner enterbt. Das ist allerdings passiert, ohne dass dies den Eheleuten klar war.
„Ab heute gilt nämlich für viele Deutsche, die in Spanien leben, spanisches und nicht mehr deutsches Erbrecht“ stellt Angelika Herfurth, im internationalen Erbrecht erfahrene Fachanwältin für Familienrecht in Hannover. Der Grund ist die zum 17. August in Kraft getretene EU-Erbrechtsverordnung - sie bestimmt, dass sich das Erbrecht nun nicht mehr nach der Staatsangehörigkeit des Erblassers richtet, sondern nach seinem gewöhnlichen Aufenthalt.
Erbrecht richtet sich zukünftig nach dem gewöhnlichen Aufenthaltsort
Ein Beispiel: Im spanischen Erbrecht wird der Ehegatte nicht Erbe, sondern hat nur einen Geldanspruch gegen die Erben in Höhe eines Drittels des Nachlasses. Dieser ist einem Nießbrauch ähnlich, die Witwe kann ihn also nicht sofort in voller Höhe verlangen, die Erben dürfen die Witwe aber mit einem Einmalbetrag auszahlen. Das bedeutet jedenfalls, dass die Witwe nicht Gesamtrechtsnachfolger des Verstorbenen wird und nicht mit über seinen Nachlass verfügen kann.
Allerdings gilt die EU-Erbrechtsverordnung nur für das Erbrecht, nicht für Familienrecht und Güterrecht, ein eventueller Zugewinnausgleichanspruch bleibt daher nach deutschem Recht bestehen und muss vorab aus dem Nachlass befriedigt werden.
Diese Anwendbarkeit spanischen Erbrechts kann man als Deutscher in Spanien jedoch vermeiden. „Jeder Deutsche im Ausland kann und sollte entscheiden, ob er deutsches Erbrecht oder das seines Aufenthaltslandes wünscht“, betont Angelika Herfurth. Ergänzend fügt sie hinzu, dass jeder Erblasser die Rechtswahl in seinem Testament oder aber in einer gesonderten Erklärung in Testamentsform treffen kann.
EU-Erbrechtsverordnung hat keinen Einfluß auf Erbschaftssteuer
Die neue Erbrechtsverordnung hat keinen Einfluss auf die bevorstehende Reform der Erbschaftssteuer. Versteuert wird das Erbe aber meistens weiterhin in Deutschland nach deutschem Steuerrecht, die Immobilien in Spanien wiederum in Spanien nach spanischem Recht. Dazu erläutert Antoni Fito, Rechtsanwalt in Barcelona: „Leider sind die Freibeträge für Ehegatten im spanischen Erbrecht wesentlich niedriger als in Deutschland. Und der spanische Fiskus erkennt nicht mehr an, wenn eine Immobilie in eine spanische Gesellschaft verpackt wird und zu deren Nominalkapital versteuert werden soll“. Mit einer entsprechenden steuerlichen Gestaltung nach deutschem Recht könnten dagegen die deutschen Freibeträge genutzt werden.
Getroffene testamentarische Regelungen überprüfen
Vor dem Hintergrund der europaweit geltenden EU-Erbrechtsverordnung ist eine Überprüfung bereits getroffener testamentarischer Regelung durch einen spezialisierten Fachanwalt dringend zu empfehlen.
Weitergehende Informationen zur EU-Erbrechtsverordnung erhalten Sie unter www.herfurth.de/ News, sowie unter www.rechtprivat.de.
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