Unternehmens­nachfolge: Früh zu planen, das schafft Sicherheit

Wie kann der Generations­wechsel im Unter­neh­men vorbe­rei­tet und durch­ge­führt werden? Wann ist der richti­ge Zeitpunkt für eine Unter­neh­mens­über­ga­be? Und: Wie finde ich überhaupt einen geeig­ne­ten Nachfol­ger und die passen­de  Finan­zie­rung? Jährlich aufs Neue stellen sich tausen­de Famili­en­un­ter­neh­mer diese oder ähnli­che Fragen – und stehen damit vor einer der größten und wichtigs­ten Heraus­for­de­run­gen in ihrem Unter­neh­mer­le­ben. Die IHK unter­stützt inten­siv bei der Suche nach Antwor­ten und einem soliden Nachfolgemanagement.

Bis 2018 stehen dem Insti­tut für Mittel­stands­for­schung (IfM) in Bonn zufol­ge bundes­weit jährlich in gut 27 000 deutschen Famili­en­be­trie­ben  mit 400 000 Arbeits­plät­zen die Unter­neh­mens­über­ga­ben an. In Nieder­sach­sen sind dies rund 2.500 Unter­neh­men. Und: Die Zeit für die Nachfol­ger­su­che drängt, denn ein Drittel der Inhaber in kleinen und mittle­ren Unter­neh­men ist aktuell 55 Jahre und älter, wie Unter­su­chun­gen  der Kredit­an­stalt für Wieder­auf­bau (KfW) zeigen. Zukünf­tig wird das Thema Nachfol­ge voraus­sicht­lich  für noch mehr Mittel­ständ­ler eine Rolle spielen. Die Zahl der Unter­neh­mer in der Alters­grup­pe 55+ hat sich seit 2002 nämlich um 16 % auf 36 % erhöht. Zum Vergleich: Der Anteil der über 55-Jähri­gen  in der Gesamt­be­völ­ke­rung wuchs in diesem Zeitraum nur um 4 % auf 38 %.

Gut die Hälfte der Eigen­tü­mer werden nach Einschät­zung  des IfM das Unter­neh­men an die eigenen Kinder bzw. an andere Famili­en­mit­glie­der überge­ben. Weite­re 29 % der Übertra­gun­gen  erfol­gen an exter­ne Führungs­kräf­te, andere Unter­neh­men oder Inter­es­sen­ten  von außer­halb und etwa 17 % der Famili­en­un­ter­neh­men übertra­gen das Unter­neh­men an Mitar­bei­ter. Gerade dieje­ni­gen, die einen exter­nen  Nachfol­ger finden müssen, werden es nach Einschät­zung des DIHK in Zukunft immer schwe­rer haben, denn die Zahl der übernah­me­be­rei­ten Perso­nen sinkt, so ein DIHK-Report zur Unternehmens­nachfolge 2014.

Rein rechne­risch betrach­tet könnte die Nachfol­ge in einem Famili­en­un­ter­neh­men ein Vorgang sein, der sich etwa alle 30 Jahre wieder­holt. In der Praxis ist der Genera­tio­nen­wech­sel  aber komple­xer und emotio­na­ler. Der Umgang mit dem Thema ist für die meisten Unter­neh­mer neu. Sie können nicht auf eigene Erfah­run­gen zurück­grei­fen. Patent­lö­sun­gen gibt es keine.

Die frühe Planung, eine sorgfäl­ti­ge Organi­sa­ti­on und eine passen­de Finan­zie­rung sind also entschei­den­de  Voraus­set­zun­gen für einen erfolg­rei­chen Generations­wechsel“, weiß Jürgen Hannich. Der ehema­li­ge Unter­neh­mer hat seine techno­sys­tem gmbh in Nordhorn, ein Unter­neh­men, das spezia­li­siert ist auf weltwei­te Betriebs- und Maschi­nen­ver­la­ge­run­gen, vor gut zehn Jahren an seinen Neffen Benedikt Köster überge­ben. Seither engagiert sich Hannich im IHK-Netzwerk Seniorex­per­ten, gibt sein Wissen zum Thema Nachfol­ge weiter (s. Kasten).

Sensi­bler Umgang

IHK-Beobach­tun­gen zeigen: Oftmals gibt es die Sorge, die Beleg­schaft könnte unruhig werden, wenn die Überga­be­plä­ne publik würden. Auch könnte der Wettbe­werb eine ungeklär­te  Situa­ti­on ausnut­zen  oder Kunden könnten  Bestel­lun­gen stoppen, weil sie fürch­ten, der Unter­neh­mer werde über kurz oder lang nicht mehr da sein.

Wer will schon das Risiko einge­hen, keinen Ansprech­part­ner  für sein Anlie­gen oder sogar  Regress­for­de­run­gen zu haben? Das Thema Unternehmens­nachfolge ist sensi­bel, kaum ein Unter­neh­mer möchte es in Großver­an­stal­tun­gen öffent­lich diskutieren.

Eine wirksa­me Unter­stüt­zung  von Nachfol­ge­pro­zes­sen erfor­dert eine persön­li­che Anspra­che und Beratung“, sagt Maggie Haardiek, Nachfol­ge­mo­de­ra­to­rin  des Landes Nieder­sach­sen. Seit drei Jahren geht sie zusam­men mit drei Kolle­gen in Nieder­sach­sen offen­siv auf Unter­neh­mer zu, fragt sie nach dem Stand der Nachfolgeplanung.

Das Loslas­sen fällt oft schwer“, sagt DIHK-Nachfol­ge­ex­per­te Dr. Marc Evers, der das Nachfol­ge­ge­sche­hen auf Bundes­ebe­ne im Blick hat. Das gilt sowohl bei der famili­en­in­ter­nen  Lösung, als auch bei der Überga­be an einen exter­nen  Nachfol­ger. Nach Einschät­zung des DIHK, sagt Evers, berei­tet sich fast die Hälfte der Senior-Unter­neh­mer nicht recht­zei­tig auf das Thema vor. Häufig, weil die Trennung von Unter­neh­men und Aufga­ben schwer fällt. Deswe­gen kann es hilfreich sein, wenn sich Unter­neh­mer frühzei­tig überle­gen, wie sie die Zeit nach vollzo­ge­ner Überga­be gestal­ten wollen. So kann die Freude auf den neuen Lebens­ab­schnitt zum Motor der Unternehmens­nachfolge werden, wie unser Beispiel zeigt.

Verbind­lich­keit schaffen

Insge­samt haben erfolg­rei­che Nachfol­ge­re­ge­lun­gen eines gemein­sam: Sie sind durch den Unter­neh­mer aktiv und gut vorbe­rei­tet. Das heißt, sie sind langfris­tig geplant und binden die Familie und die Führungs­kräf­te des Unter­neh­mens ein. Dabei berück­sich­ti­gen sie wirtschaft­li­che, steuer­li­che und recht­li­che Frage­stel­lun­gen genau­so wie die Emotio­nen der betei­lig­ten Akteu­re. Außer­dem zeich­nen sie sich durch ihre Verbind­lich­keit aus, das heißt, sie orien­tie­ren sich an einem Überga­be­fahr­plan  und den darin festge­schrie­be­nen  Termi­nen und Meilen­stei­nen. Vielleicht am wichtigs­ten: Sie erhal­ten das Unter­neh­men – heute, morgen und übermor­gen. Die Initia­ti­ve für eine erfolg­rei­che Nachfol­ge­re­ge­lung kommt dabei immer vom Unter­neh­mer selbst.

Nachfol­ge ist ratingrelevant

Ein aktives Manage­ment der Unternehmens­nachfolge ist auch Kredit­in­sti­tu­ten wichtig, denn ab einem Alter von 55 Jahren ist das Thema in der Regel ratin­g­re­le­vant und beein­flusst neben anderen Fakto­ren die Kredit­ver­ga­be. Hinzu kommt, dass Inhaber kleiner und mittle­rer Unter­neh­men vor ihrem Rückzug aus der Geschäfts­füh­rung häufig verun­si­chert sind, ob die poten­zi­el­len Nachfol­ger den künfti­gen Ertrag einer Inves­ti­ti­on gleich hoch bewer­ten wie sie selbst und dies insbe­son­de­re bei exter­nen Nachfol­gen entspre­chend  im Kaufpreis berück­sich­ti­gen. Ein dadurch ausge­lös­ter Inves­ti­ti­ons­stau  kann Folgen haben: Unter­neh­mens­wert  geht verlo­ren und je länger die Phase der Zurück­hal­tung  dauert, desto stärker sinken mögli­cher­wei­se die Ertrags­kraft und die Wettbewerbsfähigkeit.

Wir beglei­ten daher den Prozess der Unternehmens­nachfolge und bieten unseren Kunden eine aktive Unter­stüt­zung  an“, sagt Hartmut Licher, Bereichs­lei­ter Firmen­kun­den der Sparkas­se Osnabrück.

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