Unternehmensnachfolgerinnen spielen in der Nachfolge immer noch eine eher untergeordnete Rolle. Der KERN-Nachfolgespezialist Nils Koerber erleutert im Interview mit der FAZ die Ursachen dieser Problematik. Außerdem stellen sie die Potenziale für Unternehmen dar, wenn Frauen verstärkt in Führungspositionen agieren. Auf drei wesentliche Aspekte gehen wir an dieser Stelle ein.
In deutschen Familienunternehmen sind Unternehmensnachfolgerinnen rar – warum ist das so?
Die Ursachen für diesen Umstand liegen in einem jahrhundertealten Wertesystem. Dieses definierte die Rollenaufteilung der Geschlechter klar und verändert sich auch heute nur zögerlich. Zudem herrschen weiter traditionelle Denkweisen bei der Vergabe von Führungsaufgaben und ein ausgeprägtes Gehaltsgefälle zwischen Mann und Frau vor. Beides trägt hierzulande nur bedingt dazu bei, das Selbstbild der Frau für eine Führungsaufgabe zu schärfen. Darüber hinaus verfügt Deutschland im Vergleich mit seinen europäischen Nachbarländern nicht über die besten politischen Rahmenbedingungen um Frauen unkompliziert die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen.
Allein mit Blick auf die demographische Entwicklung der kommenden Jahrzehnte und den damit verbundenen Auswirkungen auf unsere Volkswirtschaft muss ein Umdenken bei Unternehmen und Politik stattfinden.
Was spricht denn für Frauen in Führungspositionen?
- Erstens: Der schnelle und stetige Wandel in der Arbeitswelt – Stichwort: Digitalisierung – erfordert verstärkt Flexibilität, Kreativität und Offenheit. Eigenschaften, die Frauen grundsätzlich als Ressource mitbringen.
- Zweitens: Frauen führen kooperativ. Sie schauen mehr ganzheitlich auf die Situation und wägen emphatisch ihre Entscheidungen ab. Speziell für den Nachfolgeprozess bedeutet das beispielsweise, das sie eher offen in einer „Tandem-Führung“ mit Jung und Alt agieren. Zudem stellen sie die Abgrenzung zum Übergeber nicht in den Vordergrund.
- Drittens: junge Frauen sind auch eher bereit externe Hilfe und Unterstützung zu holen als männliche Nachfolger. Eine Eigenschaft, die der Entwicklung von Unternehmen tendenziell hilft und eine gute Perspektive bietet.
Stichwort Digitalisierung – welche Chancen bietet sie für Frauen?
Es ist eine neue Freiheit in der Bewältigung von Arbeitsaufgaben entstanden. In vielen Firmen hat ein Umdenken eingesetzt. Begünstigt durch neue technische Entwicklungen können zum Beispiel „Job-Sharing“, „Home-Office“ oder „Teilzeit-Lösungen“ angewendet werden. Vor dem Hintergrund, das dies nicht nur der Kinder-Begleitung sondern in kommenden Jahrzehnten auch der Betreuung der Eltern durch die Kinder entgegen kommt, werden diese flexiblen Arbeits-Modelle eine noch wichtigere Rolle spielen. Schon jetzt ist erkennbar, dass Frauen diese neuen Möglichkeiten verstärkt für sich nutzen und gestalten.
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Die wesentliche Ursache ist ein jahrhundertelang geprägtes Wertesystem, das die Rollen der Geschlechter klar definierte. Und das verändert sich nur langsam. Weiter behindern traditionelle Denkweisen sowie ein großes Gehaltsgefälle zwischen den Geschlechtern die Schärfung des Selbstbildes der Frau für eine Führungsrolle.
1. Frauen sind grundsätzlich flexibel, kreativ und offen. Und das sind alles Werte, die in Zeiten der Digitalisierung gefragt sind.
2. Kooperative Führung. Mit ihrem ganzheitlichen Blick wägen Frauen ihre Entscheidungen empathisch ab. In Bezug auf den Prozess der Nachfolge heißt das: Auch in einer Tandem-Führung mit dem Übergeber handeln sie offen. Dabei stellen sie nicht die Abgrenzung zu ihrem Vorgänger in den Mittelpunkt.
3. Sie scheuen sich tendenziell weniger davor, externe Hilfe und Unterstützung zu holen. Das hilft der Entwicklung des Unternehmens und bietet eine gute Perspektive.